Mein Freund hat durch einen Unfall sein Bein verloren.

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Die Ärzte meinen es gibt sehr gute Prothesen, er wird wieder fast alles machen können. Ist das so?

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  • Das kommt darauf an.Prinzipiell stehen die Chancen sehr gut! Das Bein des Menschen wird in der medizinischen Fachsprache als untere Extremität bezeichnet, welche der Fortbewegung dient. Diese Fortbewegung wird durch Amputationen praktisch unmöglich, wenn nicht Prothesen als Ersatz zur Verfügung stehen.

    Bei Prothesen der unteren Extremität wird allgemein eine Einteilung nach Höhe der Amputation vorgenommen: So gibt es Fuss- oder Fusswurzelprothesen für Amputationen und Exartikulationen unterhalb des Sprunggelenks, Unterschenkelprothesen für Amputationen unterhalb des Knies, Knieexartikulationsprothesen, Oberschenkelprothesen für Amputationen oberhalb des Knies sowie Hüftexaritikulationsprothesen. Grundvoraussetzung für eine gute Prothese ist stets ein perfekt sitzender Schaft.

    Beim Verlust einzelner Zehen wird vielfach auf einen Ersatz verzichtet, bei Fehlen des grossen Zehs sollten jedoch mittels einem Zehen- oder Vorfussersatz dynamische und statische Störungen ausgegelichen werden. Bei Amputationen im Mittelfussbereich kann eine Vorfussprothese zum Einsatz gelangen.

    Nach einer Unterschenkelamputation stehen drei Möglichkeiten der Prothesenversorgung zu Verfügung: die Unterschenkelprothese mit Oberschaft, die Unterschenkelkurzprothese KBM (Kondylen Bettung Münster) oder die Unterschenkelkurzprothese mit Liner. Diese gilt heute als Standard. Dabei wird über den Unterschenkelstumpf ein so genannter Liner gezogen, also ein eng anliegender Stumpfstrumpf aus einem gummiähnlichen Material. Die Technik verzichtet auf den Gebrauch einer Oberschenkelhülse und berücksichtigt neben dem Stumpfendkontakt auch die zu entlastenden und belastenden Anteile des Stumpfes. Der Unterschenkelstumpf ist bei dieser Technik in einen Weichwandschaft gebettet, der Druckmaxima verhindert und ohne Wirkungsverlust der Verklammerung den Ein- und Ausstieg in den Giessharzschaft ermöglicht.

    Bei einer Knieexartikulation wird kein Knochen durchtrennt, stattdessen werden im Kniegelenk die Weichteile durchschnitten. Dadurch kommt es zu einer Sonderform der Oberschenkelamputation. Der grösste Vorteil ist dabei die Endbelastbarkeit des Stumpfendes. Die von der Amputation betroffene Person steht auf dem Stumpfende, es werden keine anderen Stellen des Körpers benötigt, um die Last aufzunehmen. Durch den langen Stumpf werden sehr gute Hebelverhältnisse erreicht, dies unter weitgehender Erhaltung der kompletten Oberschenkelmuskulatur. Die Nachteile liegen wegen des langen Stumpfs im Bereich der Kosmetik, ausserdem sind noch nicht so viele Knieprothesen auf dem Markt.

    Ein Schritt ist ein hochkomplexer Bewegungsablauf. Bei der Oberschenkelamputation müssen daher vielfältige Funktionen der Füsse, Beine und Kniegelenke ersetzt werden. Ein modularer Aufbau mit einem differenzierten Angebot von Kniegelenken, verschiedenen Fusstypen und entsprechenden Adaptern machen heute eine hochwertige Beinprothesenversorgung möglich.

    Auch, oder speziell bei der Oberschenkelprothese definiert sich die Qualität einer Prothese nach dem perfekt sitzenden Schaft. Als bisher letzter Schritt einer langen Entwicklung von Saugschaft über Vollkontaktschaft ist heute der sitzbeinumgreifende Schaft, auch CAT-CAM Schaft oder längsovaler Schaft genannt, erhältlich. Bei den Fussteilen gelten "Carbonfederfüsse" als (teurer) Standard, die den konventionell hergestellten Modellen weit überlegen sind. Das Kniegelenk muss in erster Linie den Stand des Beinamputierten sichern und die Steuerung der Schwungphase ermöglichen. Dabei soll der Unterschenkel der Prothese während dem Laufen möglichst natürlich bewegt werden. Hier gilt es die richtige Mischung aus Sicherheit und Dynamik zu finden.
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