Ich bin um Weihnachten herum erkrankt, eine Art Atemwegsinfekt/Erkältung, die einfach nicht weg ging. Nach Neujahr deswegen zur Hausärztin gegangen. Verschiedenes ausprobiert, mit mässigem Erfolg. Nachdem meine Hausärztin dann beim dritten Besuch diesbezüglich anfing, das Ganze auf die Psyche zu schieben, habe ich mich dann dazu entschieden, dies nicht weiter zu verfolgen und mich selber zu behandeln. In diesem Fall hat das jetzt geklappt, ich kann aber nicht sagen, ob durch zeitlichen Zufall oder weil ich tatsächlich die richtige Idee hatte. Da ich selber nicht medizinisch ausgebildet bin, möchte ich hier auch nicht darauf eingehen, was ich schlussendlich gemacht habe, denn sich selber zu behandeln, kann gefährlich sein, aber mir blieb in diesem Fall leider keine andere Wahl.
Als chronisch psychisch kranke Person finde ich es einfach extrem anstrengend, wenn meine Hausärztin anfängt, eine Erkrankung auf die Psyche zu schieben, nur weil diese länger andauert als normal oder weil sich nicht die erwünschte Besserung in der erwarteten Zeit einstellt. Nur weil ich psychisch krank bin, heisst das nicht, dass ich nicht auch körperlich krank werden kann.
Ich glaube bei einer psychisch gesunden Person würden Ärzte in so einem Fall vielleicht die initiale Diagnose hinterfragen und weitersuchen, was es sonst noch sein könnte. Aber weil ich ja schon mehrere psychiatrische Diagnosen habe, ist es wohl einfacher und günstiger, meine Symptome meiner psychischen Verfassung zuzuschreiben.
Es macht mir den Eindruck, als ob meine körperliche Gesundheit weniger Wert ist als die einer psychisch gesunden Person. Im Falle einer leichteren Erkrankung kann ich noch versuchen, mich selbst zu behandeln oder einfach bis zu meinem Lebensende damit leben. Aber was passiert, wenn ich einmal eine schwere körperliche Erkrankung bekomme, die auf die Psyche geschoben wird, anstatt korrekt diagnostiziert und behandelt? Alles kann ich nämlich nicht selber behandeln, und je nachdem kann es zu spät sein, bis ich auf die Idee komme, mich selber zu behandeln. Ganz abgesehen davon, dass ich als Nicht-Medizinerin mir nicht einfach so verschreibungspflichtige Medikamente besorgen kann (und auch nicht sollte).
Ich weiss, dass es psychosomatische Erkrankungen gibt, auch ich habe manchmal körperliche Symptome aufgrund der Psyche. Aber direkt alles auf die Psyche zu schieben, kann nicht die Lösung sein. Das kann nämlich auch mal schiefgehen.
Ich verstehe auch die Sicht meiner Hausärztin, die vermutlich aus Verzweiflung oder Ähnlichem lieber auf die Psyche schiebt, anstatt grossen Aufwand zu betreiben. Bei Standard-Terminzeiten von 10 Minuten pro Patient ist das auch absolut nicht verwunderlich. Ich möchte meiner Hausärztin hier auch keinen Vorwurf machen. Aber schlussendlich bin ich diejenige, die das Risiko tragen muss, dass ich eines Tages vielleicht schwer körperlich erkranke und nicht die adäquate Behandlung bekomme, die eine Patientin ohne psychiatrische Diagnose bei derselben Symptomatik bekäme. Und das macht mir Angst.