Aggressionen und Gaslighting bei fortschreitender körperlicher Behinderung

Hallo an alle,

Ich beobachte bei meinem Mann (mit fortschreitender Muskelerkrankung und Heimbeatmung) bei jedem gesundheitlichen Rückschritt, sei es seine fortschreitende Muskelerkrankung (also bei wirklich großen Rückschlägen, wie jetzt dauerhafter Bettlägrigkeit, die er sich momentan aber nicht eingestehen will), oder auch nur eine Erkältung (also ein kleiner Rückschritt), leider einen großen Zuwachs an Aggressionen.

In dieser Zeit ist er nahezu unerträglich. Da wir in zwei Wohnungen leben (direkt untereinander), kann ich dem noch einigermaßen aus dem Wege gehen, aber es ist wirklich schwierig in dieser Zeit mit ihm umzugehen.

Von offenen Aggressionen inklusive Beschimpfungen, hin zu passiver Aggression und Gaslighting ist eigentlich alles mit dabei. Und natürlich bin ich immer für all das verantwortlich, da ich ihn "dazu bringe". (Auch wenn ich nur anrufe um zu fragen, wie es ihm geht).

Ich weiß, dass er immens unter der fortschreitenden Muskelerkrankung leidet. Ich weiß, dass er Angst hat, vor diesem körperlichen Verfall und ich weiß auch, dass er traurig darüber ist, dass sein Leben nicht so verläuft wie erhofft.

Dennoch bin ich der Ansicht, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist.

Ich hatte ihn vor ein paar Monaten gebeten eine Verhaltenstherapie zu machen, um seine Ängste und seine aufkochenden Emotionen mit dem Psychologen zu besprechen und dort einige Methoden erlernt, mit denen er künftig mit solch starken Emotionen umgehen kann. Er fand das auch sinnvoll, hat sich aber bis heute nicht dazu angemeldet.

Ich bin ratlos.

Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen mit Angehörigen gemacht, oder vielleicht selbst durchgemacht und kann mir dazu ein paar Tipps geben? Darüber wäre ich wirklich dankbar.

Liebe Grüße

Laurafragtnach

Antworten

  • @Laurafragtnach Guten Morgen Laurafragtnach, willkommen in unserer Community.

    Gut, dass du nach Rat und Austausch suchst. Die anderen Mitglieder teilen sicher gerne ihre Erfahrungen mit dir.

    Kennst du übrigens die deutsche Gesellschaft für Muskelerkrankte (https://www.dgm.org/dgm-angebote-ueberblick)? Evtl. kannst du dich dort beraten lassen und eine Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen für deinen Mann finden.

    Viele Grüße und einen guten Rutsch wünscht


    Annemarie

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  • @Laurafragtnach

    Hallo Laura, ich habe darüber nachgedacht, ob es sinnvoll ist, dir, so anonym wie das Forum nunmal ist, überhaupt zu antworten. Ich versuche es trotzdem: Ihr seid beide in einer extrem belastenden Situation, du als Ehefrau, Betroffene, und Pflegende. Der Kranke ist dein Ehemann, Betroffener, und ja, Opfer, Kranker, Empfänger der sicher liebevoll gemeinten Zuwendungen. Du schreibst, und ich übersetze das mal für mich, er sei nicht in der Situation angekommen, und leidet sehr. Für ihn sind und werden Träume zerstört, Vorstellungen, Ziele, und je länger es so geht, und keine Verbesserung oder Heilung ist in Sicht, kann mann auch aggressiv werden, depressiv, und je nach Charakter sucht der Betroffene Schuldige im Außen, an die er seine Nöte delegieren kann. Da liegt es nahe, dass du als "Nahziel" davon viel abbekommst. Ich glaube nicht, dass eine Verhaltenstherapie dabei hilfreich sein könnte, er fühlt sich nur noch mehr allein, verantwortlich, aber hilflos,ausgeliefert. Was er m. M. n. braucht, ist eine akzeptierende Umgebung, die ihm mit Verständnis und Nachsicht spiegelt, er wird geliebt für sein Sosein, für seine Wünsche und Träume, Gefühle und Gedanken, und er braucht sich keine Sorgen zu machen, "Wir schaffen das!". Dazu gehört ganz viel Kraft an Überzeugung, und es wird dauern, je nachdem wie lange es schon so läuft, denn er hat die Zuversicht verloren. Nunja, das sind meine Gedanken zu deiner Frage.

    Dafür wünsche ich euch ganz viel Kraft fürs neue Jahr.

    Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zuviel

    Gib Alles, bloß nicht auf!

  • Hoi Laurafrahtnach,

    Bin selber durch so Phasen gegangen. Wenn ich früher von der Schule heimgekommen bin, müde, körperlich erschöpft und verstopft, und mein Vater euphorisch nachgefragt hat, wie mein Tag war, bin ich förmlich explodiert.

    🐞🦋🐸🐰🐹🦒😎