Update zu meiner Situation - Patientenwohl vs. Profit

Da sich einzelne User*Innen dies gewünscht haben, hier ein weiteres Update zu meiner Situation:


Ich habe meine stationäre Therapie auf eigenen Wunsch hin abgebrochen und bin infolgedessen heute aus der Klinik ausgetreten. Mein Aufenthalt hat nun knappe 5 Wochen gedauert.


Die Therapien selbst haben mir zwar gut getan und ich konnte einiges über mich lernen sowie nützliche Erkenntnisse mitnehmen. Doch leider schlagen Pflegenotstand und Profitgier auch im Psychiatriebereich zu. Auf der Station, auf der ich war, kamen auf bis zu 18 Patienten je nach Schicht 2-3 Pflegende. Nachts war - von 23 Uhr abends bis 7 Uhr morgens - eine einzige Nachtwache für die gesamte Station zuständig. Klar könnte im Notfall Verstärkung von anderen Stationen angefordert werden, doch diese Personen zähle ich nicht zum Betreuungsschlüssel dazu.


In den ersten drei Wochen verlief das Zusammenleben ganz ok. Jedoch fiel mir dort schon auf, dass - zumindest aus meiner Sicht - ziemlich viele Patienten früher als ursprünglich geplant austraten. Als ich dies gegenüber einer Pflegeperson erwähnte, hiess es, ich solle mich auf mich selbst konzentrieren. Weiter stellte sich die Kommunikation zwischen verschiedenen Therapeuten (z. B. Psychologe -> Ergotherapie) als mangelhaft heraus. Oft musste ich Personen über Dinge informieren, die mein Psychologe schon hätte weiterleiten sollen. Trotz Computersystem und ausgedruckten Therapieplänen schaffte es das Behandlungsteam mehrmals, mir 2 Termine gleichzeitig einzutragen.


In den letzten zwei Wochen häuften sich Konflikte zwischen Patienten untereinander, aber auch zwischen Patienten und Pflegenden. Letzte Woche beschuldigten sich zwei Patienten gegenseitig, verschiedenerlei Regelverstösse begangen zu haben. Beide wurden in der Folge der Station verwiesen. Dies ist an sich nichts aussergewöhnliches, da auf einer offen geführten Therapiestation alle Patienten freiwillig sind und wenn man sich nicht an die Regeln halten kann oder will, dann muss man irgendwann gehen, weil die Therapie dann auch nicht mehr wirkungsvoll durchgeführt werden kann.


Am Freitag hatten wir, wie jedoch Woche, eine Sitzung, in der alle Patienten und die jeweils anwesenden Pflegenden sich treffen, um einige Dinge zu besprechen. Dazu gehört auch das Zusammenleben auf der Station. Die Stationsleiterin war auch anwesend. Sie hat uns Patienten darum gebeten, sämtliche Regelverstösse zu melden, die wir beobachten. Für mich steht dies im Widerspruch zu der Anweisung, ich solle mich auf mich konzentrieren. Bis dahin hatte ich Regelverstösse durch andere Patienten teils bewusst ignoriert, da ich mich nicht an irgendwelchen Konflikten beteiligen wollte. Nun stand ich in einem Dilemma, denn ich sollte mich von nun an entscheiden, ob ich Regelverstösse melde oder nicht. Von einigen Patienten befürchtete ich auch negative Reaktionen, sollte ich sie verpetzen. Mir kam es so vor, als ob die Pflegenden mangels personeller, zeitlicher oder auch fachlicher Ressourcen nicht in der Lage sind, Konflikte auf der Station zeitnah und adäquat zu lösen, und die Stationsleitung diese Verantwortung nun auf die Patienten abzuschieben versuchte. Klar ist, dass ich Regelverstösse melden würde, die die Sicherheit auf der Station gefährden (z. B. Rauchen im Gebäude, Drogen- oder Alkoholkonsum, Gewaltandrohung oder -anwendung usw.) In den Stationsregeln befinden sich jedoch auch Regeln, bei denen ich es nicht so tragisch finde, wenn diese gebrochen werden. Dort halte ich es für sinnvoller, die Person zuerst direkt anzusprechen. Hört der/die Mitpatient*In anschliessend mit dem Verhalten auf, halte ich es nicht für nötig, die Person zu verpetzen, es sei denn, derselbe Regelverstoss kommt wiederholt vor und stört einigermassen.


Übers Wochenende habe ich Rücksprache mit meiner Familie gehalten. Ich bin heute schliesslich ausgetreten, da ich es nicht mehr für heilsam hielt, mich weiterhin in diesem Umfeld aufzuhalten. Eine wirksame Therapie ist auch für mich schlecht möglich, wenn ich mehrmals täglich Polizistin spielen muss und mir so unter Umständen Feindschaften mit den Mitpatienten entstehen.


Ich werde nun nach einer ambulanten Therapie suchen. In der Zwischenzeit versuche ich, mein Leben sinnvoll zu gestalten, mit Arbeit, Wohnen/Haushalt und körperlicher Aktivität. Eine Wohnung habe ich zum Glück, und deren Finanzierung ist vorerst auch gesichert. In Sachen körperlicher Aktivität konnte ich einige Tipps aus meinem Aufenthalt mitnehmen, die ich weiterhin umsetzen möchte. Am nächsten Dienstag habe ich eine Sitzung an meiner Arbeitsstelle, wo besprochen wird, ab wann, in welchem Umfang und unter welchen Anstellungsbedingungen ich meine Arbeit wieder aufnehmen werde. Das Thema stationäre psychiatrische Behandlung hat sich für mich vorerst erledigt, nachdem ich in meiner Jugend extrem schlechte Erfahrungen machen musste und nun der Aufenthalt in einer anderen Klinik als Erwachsene unter anderen Bedingungen auch nicht wirklich zielführend war.

Kommentare

  • hallo @OK,

    danke, dass du dich zurückgemeldet hast. es ist bedauerlich, dass es in der klink so verlaufen ist wie du es schilderst (damit meine ich natürlich nur den negativen askekt). ich kann verstehen, dass es keinen zweck mehr für dich hatte.


    nun wünsche ich dir viel erfolg mit allem, was du planst.

    herzliche grüße, jenner

  • Hallo OK,

    das ist leider so, aber nicht in jeder Klinik.

    Du musst also vorher suchen. Ich weiß, das ist schwer.

    Aber vielleicht ist Dein Facharzt eine gute Hilfe dabei

    viel Erfolg

    Karin

    (Antwort ist keine Rechts oder Medizinische Beratung.Für die Richtigkeit der Antwort wird keine Haftung übernommen)

  • [Gelöschter Benutzer]
    bearbeitet 17. Nov 2022, 08:52

    @Karlinchen hallo,

    wenn du auch andere beiträge von OK lesen würdest (z.b.siehe unten), kannst du davon ausgehen, dass OK intelligent genug ist, vorher nach einer klinik gesucht zu haben. sie weiß schon, was sie macht.

    du möchtest helfen, das spricht für dich. aber ich glaube OK hat den überblick.


    viele grüße


    https://community.enableme.org/de/discussion/56962/ein-update-zu-meiner-aktuellen-situation#latest


  • @jenner ich kann auch für mich selbst schreiben, wenn mir etwas nicht passt. Trotzdem danke für die Anmerkung.

    @Karlinchen Die Klinik, in die ich gegangen bin, hatte (zumindest angeblich) Erfahrung mit Patienten aus dem Autismus-Spektrum. Die Klink an sich war auch gar nicht schlecht. Ich durfte meine Antidepressiva ausschleichen. Das spricht dafür, dass die Klinik nicht ausschliesslich aufgrund von einer Diagnose auf einer Medikation besteht. Jetzt nehme ich nur noch Eisen und Vitamin D zu mir, keine Psychopharmaka mehr. Der Teil, der mich gestört hat, war der Umgang von Pflegepersonal zu Patienten. Ich habe den Eindruck, dass die Pflegenden überfordert waren, was ich auf den eher tiefen Betreuungsschlüssel zurückführe. Leider ist (gut qualifiziertes) Pflegepersonal zurzeit überall knapp. In der näheren Zukunft möchte ich mich auch nicht mehr stationär behandeln lassen. Ich gehe davon aus, dass ich bald wieder die Chance erhalte, zu arbeiten. Ich kann es mir auch nicht leisten, immer mal wieder einen total Einkommensausfall von 2-3 Monaten zu haben. Meine Ersparnisse wurden in den letzten zwei Jahren durch diverse Schicksalsschläge beinahe vollständig aufgebraucht. Aufgrund meiner Erfahrung mit dem zuständigen Amtsstellen in der Schweiz, die diese Zuständigkeit sehr gerne von einer Stelle zur nächsten schieben, möchte ich nicht allein auf Hilfe vom Staat vertrauen. Im Moment unterstützt mich mein Vater finanziell soweit als nötig, das kann aber auch nicht die Dauerlösung sein, finde ich. Darum möchte ich lieber arbeiten und meinem Leben selbst einen Sinn geben, anstatt mich in verschiedenen Kliniken immer wieder behandeln zu lassen und auf ein Wunder zu hoffen. Ich hoffe, du verstehst das soweit. Ansonsten darfst du gerne Rückfragen stellen.

  • Danke OK, solche Kommentar stören einfach den sachlichen ablauf des Themas

    Mit der KLinik ist schon schwierig.

    Wenn das Personal knapp wird, müssen sie ja die zuerst versorgen, die dort bleiben müssen.

    Du solltest Dich durch den auffenthalt innerlich stärken und dann Deine eigene Linie finden auch möglichs ohne Medis.

    eine gute Freundin, besser den geeigneten Partner ist dabei goldwert.

    alleinsein ist Gift, aber das weißt du ja selbst.

    liebe Grüße

    Karin

    (Antwort ist keine Rechts oder Medizinische Beratung.Für die Richtigkeit der Antwort wird keine Haftung übernommen)

  • [Gelöschter Benutzer]
    bearbeitet 17. Nov 2022, 11:55

    hallo @Karlinchen, ich finde solange es beim thema bleibt, stören "solche" kommentare nicht.

    darf ich mich wenigstens den bisher erfolgten wünschen anschließen, ohne tiefer das thema zu erörtern? 😉


    @OK ich wünsche dir alles gute und dass alles so wird, wie es das beste für dich ist.


    liebe grüße

    anne

  • @Karlinchen

    Zitat: alleinsein ist Gift, aber das weißt du ja selbst. Zitatende

    Über diese Aussage sollte hier eigentlich breit disputiert werden.

    Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zuviel

    Gib Alles, bloß nicht auf!

  • @OK

    Hallo, ich finde es sehr gut, was du in deinem Update geschildert hast, wie du die Situationen in der Klinik empfunden hast, und vor Allem welche Entscheidungen du daraufhin getroffen hast. Das bringt mich zu der Überzeugung, du bist auf dem richtigen Weg.

    Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zuviel

    Gib Alles, bloß nicht auf!

  • Hallo @Pitjes


    Vielen Dank für deine Rückmeldung und dein Glaube an mich.


    Ich denke nicht, dass die Aussage von @Karlinchen (alleinsein ist Gift, aber das weißt du ja selbst) hier gross diskutiert werden sollte. Dies würde etwas weit vom Thema weg führen. Falls du das entsprechende Bedürfnis hast, darfst du gerne eine neue Diskussion zum Thema eröffnen, dann diskutiere ich auch gerne entsprechend mit. Natürlich immer mit dem nötigen Respekt gegenüber Meinungen Anderer.

  • @OK

    Na, ich meine mit "hier diskutieren" nicht in diesem Thread, sondern innerhalb des Forums. Habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt.

    Wie eröffne ich denn eine Diskussion, die dann auch als solche gekennzeichnet ist? Oder reicht es, einfach die Frage zu dem Thema zu stellen?

    Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zuviel

    Gib Alles, bloß nicht auf!

  • @Pitjes Bei der Schaltfläche "Stelle eine Frage" kannst du auf das kleine Pfeilchen rechts klicken und dann aus dem Dropdown-Menü "Neue Diskussion" auswählen. Du kommst dann auf die Seite, wo du die Diskussion erstellen kannst. Soweit ich das beobachten kann, ist der einzige Unterschied zwischen Frage und Diskussion, dass du bei einer Diskussion nicht die "beste Antwort" auswählen musst, um das Thema als erledigt zu markieren. Freue mich schon auf die Diskussion.


  • Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zuviel

    Gib Alles, bloß nicht auf!