Auf der Suche nach Antworten - Depressionen, Angststörung oder bin ich eine Asperger-Autistin?

Hallo zusammen


Ich bin weiblich, 38 Jahre alt und versuche seit einiger Zeit meinen Problemen auf den Grund zu gehen. Mehr oder weniger mühselig stolpere ich durchs Leben, soweit ich mich zurückerinnern kann.


Ich kämpfe immer mal wieder mit Panikattacken, diversen Ängsten, depressiven Phasen, Zusammenbrüche, genereller Überforderung vom Leben und im Teenie-Alter auch mit Magersucht.

Diese Probleme fügen sich wie Puzzleteile aneinander, aber ich denke da steckt noch etwas Grundlegendes dahinter, denn ich war schon immer etwas “anders”. 


Dann bin ich auf den Begriff Asperger Autismus gestossen, habe viel darüber gelesen und finde mich darin wieder. Auch mit meinen Eltern habe ich darüber gesprochen und sie haben mir einiges aus meiner Kindheit erzählt, worüber ich mir gar nicht mehr bewusst war.

Ich habe mir das Lesen und Schreiben im Alter von ca. 4-5 Jahren selber beigebracht und hatte die Angewohnheit, überall Notizzettelchen in der Wohnung zu hinterlassen. Natürlich nur einfache Sprache, aber man wusste, was ich damit mitteilen wollte. Ausserdem habe ich gerne die bunten Stecknadeln meiner Mama stundenlang nach Farbe sortiert.

Ich war schon als Kind sehr reizempfindlich. Bei einem Gewitter habe ich mich unter dem Tisch versteckt, draussen beim Spazieren hatte ich panische Angst vor lauten Lastwagen und Traktoren und habe mich regelmässig im unteren Teil des Kinderwagens meines kleinen Bruders verkrochen.


Die Schulzeit war sehr schwierig für mich, ich war eine gute Schülerin, wurde aber die ganze Zeit gemobbt und habe nie irgendwo Anschluss gefunden. Ich empfand mich schon damals als anders und nirgendwo passend. Als Kind hatte ich gar kein Interesse an Gleichaltrigen, wenn überhaupt, dann habe ich mich nur auf ältere Kinder und Erwachsene eingelassen.


Dieses “Anders-sein” begleitet mich heute noch. Obwohl ich 38 bin, fühle ich mich emotional viel jünger und den gesellschaftlichen Anforderungen an eine Frau meines Alters nicht gewachsen. Ich kann mich gar nicht mit meinem Alter identifizieren. 


Und ich schaffe es einfach nicht, soziale Kontakte aufzubauen und gar zu pflegen, selbst wenn ich es ausnahmsweise mal möchte. Leider muss ich feststellen, dass ich auch in meinem Alter immer noch keine Ahnung habe wie das geht und was von mir erwartet wird. Diese Erwartungen kann ich dann nicht erfüllen. Grundsätzlich bin ich eine Einzelgängerin, wohne alleine und brauche sehr viel Zeit für mich, muss mich lange zurückziehen, um meine Batterien wieder aufzuladen. Menschliche Interaktionen kosten mich unendlich viel Energie. Ich bin zwar in einer Beziehung, aber leider ist diese sehr problembehaftet (Freund ist Borderliner). Meine einzigen Bezugspersonen mit denen ich wirklich über alles reden kann sind meine Eltern.


Sehr viele Probleme bereitet mir Reizüberflutung durch Geräusche, Licht, Gerüche etc. Sonnenbrille und Ohrstöpsel sind mir eine grosse Hilfe.

Ich bin zu 100% berufstätig und ich liebe meinen Beruf, aber der Alltag raubt mir so viel Energie, dass ich froh bin wenn ich endlich daheim ankomme und meine Haustür hinter mir schliessen kann.  


Unvorgesehenes bringt mich total aus dem Konzept. Am liebsten mag ich einen routinierten Tagesablauf, auch bei der Arbeit. Ein chaotischer, unstrukturierter Arbeitsplatz bringt mich an den Rand des Wahnsinns. Und in neuen Situationen brauche ich sehr lange, bis ich mich zurecht finde. Ich mag Telefondienst bei der Arbeit überhaupt nicht, weil ich grosse Mühe habe akustisch zu verstehen, was die Person von mir will. Generell komme ich mit mündlichen Anweisungen nicht zurecht, bei mir muss alles schriftlich notiert sein.


Ich könnte noch so viel schreiben, aber möchte nun meine Frage anbringen. Danke an alle, die bis hierhin mitgelesen haben.


Da ich wirklich viele Schwierigkeiten im Alltag habe, möchte ich eine Therapie machen. Doch wie gehe ich da am besten vor? Macht es Sinn, mich zuerst auf eine  Diagnostik bezüglich Asperger einzulassen? Was sind die Vor- und Nachteile einer Diagnose? (Falls sie denn tatsächlich zutrifft). Oder ist es besser, direkt in einer Therapie einfach meine Probleme nach und nach anzugehen? Das sind aber leider sehr viele und dafür brauche ich wohl mehr als ein Leben. 


Vielleicht versteht ja jemand meinen Text und kann mir ein paar Tipps geben. Ich würde mich sehr freuen.


Liebe Grüsse

Nova

Beste Antworten

  • EnableMe
    EnableMe mod
    Antwort ✓

    @_Nova_ Nova Guten Morgen Nova,


    danke, dass du dich in unserer Community einbringst. Sei willkommen. Sicher können dir einige unsere Mitglieder in ihre Erfahrungen Einblick geben.


    Hast du eigentlich schon gesehen, dass wir auf unserer Internetseite auch verschiedene Fachartikel zu Themen wie Autismus, Angststörung uvm. haben? Guck gerne mal rein.

    Viele Grüße

    Annemarie

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  • Priska_Hitz
    Priska_Hitz expert
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    Liebe @_Nova_


    Also vieles aus deinem Text sprechen durchaus für Autismuszüge. Aber soziale Schwierigkeiten mit den entsprechenden Folgen (Ängste, Depressionen, Mobbings, Reizüberflutungen usw.) können auch ausgelöst werden durch tiefgreifende Traumatas (PTBS), AD(H)S, Hochbegabung (besonders schwierig bei Frauen wegen Selbstwert!) oder Persönlichkeitsstörungen. Das auseinander zu nehmen ist fast unmöglich und meist ist es ab einem gewissen Alter eine Kombination aus allem. Je nach Therapeut wirst du allenfalls eine unterschiedliche Diagnose erhalten.


    Eine ausführliche Autismus-Diagnostik (und bitte NICHT nur ein Fragebogen ausfüllen!) kann, dir vielleicht helfen Schwierigkeiten aufzuarbeiten und zu verstehen was mit dir "los" ist. Je nach dem ist es allenfalls auch ein Grund für eine Teil-IV-Rente. Aber es wird dir keine Freunde bringen und auch keine Heilung. Oft ist es sogar so, dass man mit der Diagnose (weiss ich aus eigener leidvoller Erfahrung) manche Menschen abschreckt und man bekommt dann alles Mögliche zu hören. Sagt man seine Diagnose nicht, so ist man halt einfach ein komischer Kauz.


    Mit einer Autismus-Diagnose bekommst du ein lebenslanger, psychischer Stempel aufgedrückt und bist von dem Moment an dann eine Behinderte. Oft auch in der Berufswelt - doch genau da sind vielfach die meisten Reizüberflutungen anzutreffen. Manche Chefs kommen damit klar, andere stellen Menschen mit einer Autismusdiagnose gar nicht erst ein ...


    Autismus kann man nicht heilen - mit Autismus (ASS) muss man lernen zu leben. Hat man erst mal die Diagnose, fängt die eigentliche Arbeit an.


    Was also ist dein Ziel mit der Diagnose? Die Antwort kannst nur du dir geben!


    Was kann ich dir raten?

    Da ich selber sowohl Autistin bin, wie auch Therapeutin (habe immer mal wieder Autisten), kann ich dir auch gerne ein Gespräch anbieten um mal schauen ob ich dich unterstützen kann. Denn eines ist klar: Gemäss deinem Text, lese ich daraus, dass du dringend Hilfe brauchst und zwar unabhängig von einer ASS-Diagnostik.


    Parallel dazu würde ich dir empfehlen eine Psychologin (wenn möglich mit Spez. für ASS) zu suchen. Oder aber dich mal an die Beratungszentren der kantonalen Psychiatrien zu wenden. Adressen je nach Kanton findest du unter Diagnose/Beratung/Therapie/Austausch | autismus deutsche schweiz


    Ich hoffe es hilft dir vorerst weiter.


    Lieben Gruss

    Priska

    Dipl. Naturheilpraktikerin TEN und Neurofeedback-Therapeutin


    Naturpraxis Hitz - Heilkunde | Neurofeedback | Biofeedback

    Flühstrasse 5, 5415 Rieden AG, www.naturpraxis-hitz.ch

    • EMR Zulassung: Von Krankenkassen anerkannt
  • Darling
    Darling ✭✭✭
    Antwort ✓

    Liebe @_Nova_


    Ich muss dir auf deinen Beitrag gleich mal antworten, weil ich sofort gesehen habe, dass sich unsere Symptome zu einem sehr großen Teil decken. Von Anpassungsschwierigkeiten über das 'Sortieren' und die Probleme mit der Reizüberflutung, die depressiven Phasen und viel mehr.


    Allerdings bin ich seit vielen Jahren - wenn auch mit Unterbrechungen - in Behandlung und auch medikamentös eingestellt. Bei mir wurden ebenfalls teils autistische Züge festgestellt, ich würde aber behaupten dass ich besser ins Schema ADHS passe (das ist auch die Ansicht meiner Therapeutin).


    Generell würde ich dir einerseits raten, dich mal einem Psychiater o.ä. vorzustellen und diesem erstmal die Einordnung zu überlassen. Da kannst du dann natürlich auch deine eigene Einschätzung einbringen und genau erklären, wie du darauf kommst.

    Andererseits muss ich dich warnen; Die Suche nach dem/der richtigen Therapeuten/in kann schwierig und langwierig sein. Es ist nicht rein die fachliche Kompetenz, sondern es muss menschlich einfach 'passen'. Für mich war diese Suche zum Teil sehr kräftezehrend. Gelohnt hat es sich dennoch. Mein Alltag ist einfacher geworden, ich spüre, dass ich unter mir ein Sicherheitsnetz habe, und das schenkt mir immer wieder etwas Ruhe.


    Gerne kannst du mich auch direkt per Nachricht alles fragen, was du gerne wissen möchtest.


    Alles Liebe aus Österreich


    Darling

  • nicole_pfund
    nicole_pfund expert
    Antwort ✓

    Hallo :)


    Zuerst mal zu deinem Text. Ich kann viele deiner Gedanken nachvollziehen und verstehen, dass du nach einem passenden Weg und Lösungen suchst. Ich finde es super, dass du dich hier gemeldet hast und bereits darüber sprichst. Dies ist schon ein sehr wichtiger Schritt. Du erkennst und bemerkst, dass sich gewisse Themen bei dir zeigen.

    Die Antworten für deine Fragen kannst du dir am besten selbst geben... Was würde es dir helfen wenn du eine Diagnose bekommst?

    Viele Symptomatiken, können durchaus auch von den Ängsten die du beschreibst entstehen. Ich kenne das selbst nur allzu gut. Ich habe lange mit einer Agoraphobie und Panikattacken zu kämpfen gehabt. Und ich hatte riesengrosse Mühe mich in meinem Alltag zurecht zu finden, war auch schnell komplett überfordert mit der Arbeit.

    Ich habe damals für mich gelernt, dass halt mein ganzes System überfordert war. ich wusste gar nicht wo unten und oben ist und so war noch so jeder kleine Schritt nach aussen einen zu viel.

    Ich habe mich damals zurückgezogen und mich einer Therapie gewidmet. Habe alle äusserlichen Reize ausgeschaltet damit ich mich wirklich nur auf mich konzentrieren kann...


    Jedes Problem und kann aufgearbeitet werden. Dafür brauchst du nicht mehrere Leben, denn manchmal lösen sich auch schon mehrere miteinander wenn man bei einem beginnt. Nur Mut, du befindest dich sicher auf dem richtigen Weg. Dir ist schon so vieles bewusst geworden!


    Versuch vielleicht jemand externes zu finden, bei dem/der du dich öffnen und über die Dinge sprechen kannst. :)


    Bei Fragen und Anliegen kannst du dich gerne jederzeit hier melden. Ich selbst bin Therapeutin und habe mich auf die Thematiken Angst und Panik spezialisiert.


    Du schaffst das! Alles Gute!


    Liebe Grüsse


    Nicole

  • Martibu
    Martibu expert
    Antwort ✓

    Liebe Nova

    Ich danke dir ebenfalls für deine Offenheit und für eine für mich sehr wichtige Frage.

    Als ich über deine Erfahrungen als Kind geschrieben hast, kamen auch mir Erinnerungen an meine Kindheit. Auch ich war immer schon eine sehr sensitive Person, hatte grosse Mühe mit Auseinandersetzungen und ich weiss noch, dass ich in den Nächten oftmals nicht schlafen konnte u.a. aufgrund von Alpträumen. Es war aber etwas, das dazu gehörte. Es wurde in meinem Umfeld als Phase aufgefasst und so durfte diese Phase auch sein. Mit einer Diagnose, habe ich manchmal das Gefühl, trägt man diese Phasen dann das Leben lang mit sich herum und es gibt gar keine Chance auf Veränderung?!


    Du kennst deine Bedürfnisse sehr gut. Was wenn du sie anerkennst und sie nicht als Problem siehst? Und kennst du deine Stärken? Was kannst du gut? Oder deine Interessen? Was machst du gerne? Was hast du als Kind gerne gemacht? => Farben, Ordnen, Lesen selbstbeigebracht, Selbstständig, Lösungsorientiert...


    Hast du schon mal überlegt weniger als 100% zu arbeiten? Ich selbst schaffe das nicht mehr und habe mich bereits vor 3 Jahren entschieden mein Pensum zu reduzieren. Falls du da eine Möglichkeit siehst, auch finanziell natürlich, wäre dies aus meiner Sicht ein guter erster Schritt. So hast du auch mehr Zeit herauszufinden wie du deine Bedürfnisse optimal in diese Welt integrieren kannst und du eine Gemeinschaft erfährst, die dir gut tut.


    Erfahrungen, die ich machen durfte:


    Eine Gemeinschaft erfahren, ist aus meiner Sicht, sehr sehr heilend. Bsp. über das Hobby neue Menschen kennenlernen. Nur schon durch ein Interesse findet man sich meist sympathisch und das "sich anders fühlen" fällt weg.


    Neue Coachingarten haben sich v.a. beim Thema Angst bewährt. Ich durfte die Logosynthese Startseite – Institut für Logosynthese kennenlernen durch meine Coachin Patrizia Luise Startseite - Tikla.world und habe mit Sandra Steiner via PS Coaching & Therapie - Schwyz (via-ps.ch) in Form eine Pferdegestützten Coachings zusammengearbeitet. Zwei Methoden, und v.a. zwei Menschen die mich auf meiner Reise aus der Angst begleitet haben.


    Es gibt noch viel mehr.. Aber wie Nicole gesagt hat, du schaffst das! Und es begleiten dich viele Menschen gerne auf deinem Weg wenn du dies möchtest. Auch ich stehe dir bei Fragen und Anliegen gerne zur Verfügung.


    Liebe Grüsse

    Martina


    PS: Ich hatte die Möglichkeit die letzten drei Jahre ein Pilotprojekt durchzuführen wo es genau darum geht andere Wege zu finden und Veränderung voranzutreiben. Angst und loslassen ist dabei ein zentrales Thema. Vielleicht möchtest du dabei sein. Unter www.wertfrei-hub.ch findest du ab November (wenn alles gut geht) :) Informationen.

  • ISpycher
    ISpycher expert
    Antwort ✓

    Liebe Nova


    Du hast hier schon viele wertvolle Antworten erhalten, deswegen schreibe ich nur kurz noch was dazu.


    Die Frage "Was bringt dir eine Diagnose?" ist ein paar Mal gefallen und ich denke auch, dass es eine wichtige Frage ist. Meine Antwort als Psychotherapeutin: Eine Diagnose hat den Nutzen eine passende Behandlung bzw. Unterstützung zu etablieren und deinen Leidensdruck zu reduzieren. Und das sollte schliesslich das Ziel sein: dass es dir besser geht, dass Du dich wohl fühlst in deiner Haut und ein Leben lebst, das deinen besonderen Eigenschaften entspricht. Aber natürlich auch, dass Du nicht mehr unter Ängsten und Depressionen leiden musst.


    Meine Erfahrung ist, dass wenn man therapeutisch am richtigen Punkt ansetzt (hierbei hilft eben die Diagnose) sich viele Dinge in Bewegung setzen und einige Probleme auflösen. Für dich mag es sich wie ein grosser Problemberg anfühlen, den muss man aber nicht unbedingt Brocken für Brocken mühsam abtragen. Manchmal purzeln ein paar Brocken gleichzeitig, wenn man sich an die unteren Brocken ran macht.


    Ich wünsche Dir alles Gute auf deinem Weg und hoffe, dass Du eine*n gute Therapeut*in findest, der/die dich dabei unterstützen kann!


    Herzliche Grüsse,

    Ina Spycher

Antworten

  • Hallo zusammen


    Wow, vielen Dank für eure tollen, wirklich hilfreichen Antworten. Ich habe mich solange nicht jemandem ausser meiner Familie anvertraut, dass ich tatsächlich sehr überwältigt davon bin.

    Es sind so wertvolle Tipps dabei, und vieles regt mich (noch mehr als sonst) zum Nachdenken an. Ich danke euch allen so sehr.


    @Priska_Hitz

    Das hört sich alles sehr komplex an, aber genau so komplex fühlt sich meine Thematik auch an. Ich bin eine sehr analytische Person und muss wirklich alles immer komplett "zerlegen" um für mich Erklärungen zu finden.

    In der Zwischenzeit habe ich sehr lange darüber nachgedacht wozu eine Diagnose mir weiterhelfen könnte: Ich möchte sehr gerne genau wissen womit ich es zu tun habe. Es hilft mit Zusammenhänge zu verstehen und auch nachsichtiger mit mir zu sein. Vieles habe ich nie verstanden und jetzt habe ich das Gefühl es ergibt doch alles langsam einen Sinn.

    Vielleicht ist das seltsam, aber oft denke ich, ich habe kein Recht jemandem meine Probleme zu erklären ohne Diagnose. Und habe Angst die Menschen verstehen mich dann nicht, da ich ja nicht genau benennen kann was mein Problem ist. Komisch bin ich ja sowieso, evtl. wäre es einfacher für mich zu sagen warum. Und vielleicht ist die Diagnose ja auch nicht zutreffend, aber dann muss es eine andere Erklärung geben.

    Andererseits ist es schon so, dass mich der lebenslange Stempel doch ein wenig abschreckt. Aber was, wenn es mir irgendwann wieder so schlecht geht, dass ich mein Leben so nicht mehr weiter bewältigen kann und Hilfe von aussen brauche? Ist es dann mit einer Diagnose (welche das auch immer sein mag) nicht einfacher Hilfe zu bekommen?

    Tatsächlich habe ich an meinem jetzigen Arbeitsplatz sehr tolle Chefs/Arbeitskollegen, die mich so nehmen wie ich bin. Das ist mein Glück im Moment, denn ich habe schon oft das Gegenteil erlebt. Und ich weiss ja nicht ob das immer so bleibt, alles verändert sich mit der Zeit und ich mag keine Veränderungen.


    Ja Hilfe brauche ich, es fällt mir nur schwer darum zu bitten und sie auch anzunehmen. Nur schon mich irgendwo mitzuteilen hat mich alles an Kraft gekostet. Ich versuche das wirklich schon seit Jahren, bin aber so in mich verschlossen dass mir das unfassbar schwer fällt.

    Bezüglich des Gesprächs komme ich evtl. gerne darauf zurück, ich schreibe dir eine Nachricht, sobald ich soweit bin. Danke dafür.


    @Darling

    Genau das fällt mir so schwer, jemandem zu vertrauen. Ich habe Angst ewig auf Therapieplatzsuche zu sein, ich die schon fast nicht imstande bin einen gewöhnlichen Arzttermin abzumachen. Ich habe bezüglich Ärzten/Spitälern etc. einige wirklich schlimmen Erfahrungen machen müssen und auch oft erlebt, dass man mir nicht helfen konnte/wollte wegen körperlichen Beschwerden.

    Ich habe zu all dem eine chronische körperliche Erkrankung, die bis zu meinem 33. Lebensjahr nicht diagnostiziert wurde. Meine Vermutung bezüglich Diagnose war zutreffend. (Ich habe eine medizinische Ausbildung). Wenn ich nicht selber recherchiert und auf mein Bauchgefühl gehört hätte, könnte mir bis heute niemand helfen und die Erkrankung wäre inzwischen in einem fortgeschrittenem Stadium. Die Suche nach einer geeigneten Klinik war schwierig und mit wie gesagt einigen sehr schlimmen Erlebnissen verbunden. Und mit Hilflosigkeit, weil ich lange keine angemessene Therapie bekommen habe und mich niemand ernst genommen hat. Und als ich dann Hilfe bekommen habe nur auf eigene Kosten, die Krankenkasse bezahlt nichts. Mein Vertrauen ist seitdem kaputt. Und ich kann keine Enttäuschungen und Zurückweisungen mehr ertragen. Das ist wohl der Grund, warum ich es bisher nicht geschafft habe einen Therapieplatz zu suchen.


    @nicole_pfund

    Ich würde das auch gerne, mich einfach mal zurück ziehen und mich auf eine Therapie konzentrieren. Das Leben ist zu schnell für mich, ich komme nicht mehr hinterher, aber das bin ich noch nie, auch als Kind war das schon so. Aber es ist nicht einfach umzusetzen, denn ich denke ich kann nicht einfach (vorübergehend) aussteigen. Ich habe immer den Anspruch zu funktionieren und nicht aufzufallen. Andere schaffen noch viel mehr als ich, warum ist das so schwierig für mich? Ich schäme mich manchmal so sehr, andere haben Familie, Vollzeitjob und noch Energie für 20 Hobbies und ich sitze meistens zu Hause nach der Arbeit, weil die Reizüberflutung mich mal wieder in die Knie zwingt und ich daheim auf dem Sofa liege, die Rollladen runter lasse und mir die Decke über den Kopf ziehe um wieder runterzufahren.


    @Martibu

    Das stimmt, ich kenne meine Bedürfnisse inzwischen so viel besser. Mir ist bewusst geworden, dass ich sie lange nicht gespürt habe oder einfach ignoriert und mich auch zu vielem gezwungen habe, weil "normale" Menschen das ja auch auf die Reihe kriegen. Aber jetzt fange ich an zu verstehen.

    Ja, ein 100% Job ist zu viel für mich. Das sehe ich auch so. Obwohl ich meinen Beruf wirklich liebe und ich damit meinen Interessen nachgehen kann, baut sich durch die üblichen Belastungen am Arbeitsplatz wie Geräusche, Gerüche, zu helles Licht, nerviges Telefon, manchmal Chaos halt eine Reizüberflutung auf.

    Eine Reduktion meiner Prozente liegt einfach nicht drin, wegen meiner chronischen körperlichen Erkrankung. Ich brauche so viel Geld wie möglich, weil mich wie oben genannt das Gesundheitssystem im Stich lässt.


    Bisher sind meine Versuche leider fehl geschlagen über gemeinsame Interessen Menschen kennen zu lernen. Ich fühle mich immer fremd, nicht zugehörig und bin am Ende dann doch wieder alleine. Es fällt mir so schwer zu jemandem eine Verbindung aufzubauen. Ich möchte gerne, aber ich bin gefühlt von einem anderen Planeten. Und irgendwann habe ich es einfach aufgegeben.


    So, für heute reicht das mal. Danke noch einmal an alle, ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich hier gehört werde. Und ich möchte etwas ändern, mich endlich verstehen, mich irgendwann besser fühlen, ich werde mich auf den Weg machen, egal wie schwierig es wird, es kann nur besser werden.


    Liebe Grüsse

    Nova

  • Liebe @_Nova_


    ich hab garkeine Worte dafür, wie gut ich das verstehe! Da sind wir uns definitiv mehr als ähnlich. Was ich dir von Herzen wünsche, ist dass du einen Weg findest, der für dich passt.

  • Hallo zusammen


    Etwa ein halbes Jahr ist es nun her, seit ich hier den allerersten Schritt gewagt habe und damit meine innere Mauer durchbrochen habe. Ihr hattet so viele gute und aufbauende Worte für mich übrig. Es hat zwar noch ein paar Monate gedauert, aber ich habe mir wirklich Hilfe gesucht (auch mit viel Unterstützung von meiner Familie). Und ich hatte solches Glück einen tollen Therapeuten zu finden und ich konnte ziemlich schnell eine ausführliche Diagnostik beginnen.


    Und ja, es ist wirklich so, ich bin Autistin. Vor kurzem habe ich die Diagnosen bekommen. Dazu kommt noch ADHS (unaufmerksamer Typ / früher ADS) und eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung. Ich bin unglaublich erleichtert, jetzt Gewissheit zu haben. In der letzten Zeit habe ich sehr viel über mich gelernt und werde dies auch weiter. Meine Schwierigkeiten lassen sich erklären und ich werde gesehen und ernst genommen. Jetzt wird nach Lösungen gesucht, die mir mein Leben erleichtern können. Es wird nicht einfach für mich, aber das war es noch nie.


    Liebe Grüsse

    Nova

  • Hallo Nova

    Ich habe meine Asperger Diagnose vor zwei Jahren erhalten. Mein Jobverlust hat mich so in eine Angsterkrankung geworfen, dass ein Klinikaufenthalt nötig wurde. Meine Therapeutin dort hat dann den Verdacht auf Asperger gehabt und mich zur weiteren Abklärung an die UPK (Universitäre Kliniken Basel) weiter geleitet. Und sie hat mir empfohlen eine IV-Anmeldung zu machen. Ich habe von der IV dann erst mal die Möglichkeit bekommen einen Arbeitsversuch zu machen und ich habe Jobcoaches bekommen. Ich bin jetzt mit dem dritten Jobcoach auf der Suche nach einer Stelle.

    Ich kann wegen des Aspergers keinen langen Arbeitsweg machen. Ich komme dann zeitlich in Stress, weil ich noch für meine Skoliose ins Training möchte. Dieser dritte Jobcoach geht das Ganze nun sehr professionell an, ich hab daher sehr viel Hoffnung.

    Bist Du schon bei der IV gemeldet? Wenn nein, melde dich an. Wenn ja, frage nach Unterstützung.


    Liebe Grüsse

    Snuge