Hey @Nom
ich sehe, dass du dich sehr intensiv mit diesen Themen auseinandersetzt und dass du dich in einer Art Zwischenwelt fühlst – nicht „behindert genug“, um bestimmte Unterstützung zu bekommen, aber auch nicht „normal genug“, um einfach so akzeptiert zu werden. Ich verstehe, dass das eine extrem schwierige Situation für dich ist, und es tut mir leid, dass du dich so oft ausgeschlossen fühlst.
Ich glaube aber, dass du dir selbst gerade sehr im Weg stehst. Du suchst Bestätigung in deinem Schmerz – statt dich aktiv darum zu bemühen, dass es dir besser gehen könnte, hältst du an dieser Überzeugung fest, dass die ganze Welt gegen dich ist. Aber wenn du allen mit dieser Einstellung begegnest, ist es leider wahrscheinlicher, dass sie negativ auf dich reagieren. Menschen spüren es, wenn ihnen jemand misstrauisch, abweisend oder sogar feindselig gegenübertritt – und dann reagieren sie entsprechend. Das heisst nicht, dass alle Menschen deine Feinde sind. Aber wenn du nur Feindseligkeit erwartest, wird es immer schwieriger, die Menschen zu erkennen, die es vielleicht wirklich gut mit dir meinen.
Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass nicht jeder Mensch ausschliesslich nach dem Äusseren urteilt. Ich habe meine beste Freundin zum Beispiel online kennengelernt. Wir haben monatelang geschrieben, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben – und in der ganzen Zeit hatte ich keine Ahnung, wie sie aussieht. Es war mir auch nicht wichtig, weil ich sie als Mensch mochte. Und als wir uns dann getroffen haben, habe ich gemerkt, dass es sowieso egal ist – denn wenn man jemanden liebt oder schätzt, dann findet man ihn oder sie so oder so schön.
Natürlich achten sehende Menschen auf das Aussehen – aber nicht alle gleich stark. Und vor allem urteilen wir nicht nur danach. Instinktiv beurteilen wir erst mal, ob jemand eine Gefahr darstellt, das ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Aber ob wir danach noch weiter über das Aussehen urteilen oder es sogar gegen jemanden verwenden, das ist eine Entscheidung. Und genau diese Entscheidung kann man lernen zu beeinflussen. Wenn man Menschen über lange Zeit kennt, verblasst das Äussere sowieso. Man kann fast nicht mehr objektiv sagen, ob ein enger Freund oder eine enge Freundin „hübsch“ ist oder nicht – denn wenn man jemanden mag, dann findet man ihn schön. Menschen, die extrem oberflächlich sind, finden selbst an den attraktivsten Menschen noch Fehler. Aber das zeigt eigentlich nur, dass sie selbst unsicher sind und diese „Fehler“ brauchen, um sich selbst besser zu fühlen.
Ich verstehe, dass du dich nach einer Lösung sehnst. Aber wenn du glaubst, dass nur eine äussere Veränderung dein Leben verbessern kann, dann machst du dein Glück von etwas abhängig, das du vielleicht nur begrenzt beeinflussen kannst. Was du aber beeinflussen kannst, ist deine Haltung gegenüber anderen Menschen. Wenn du möchtest, dass dir mit Liebe begegnet wird, dann solltest du anderen mit der Liebe begegnen, die du dir wünschst.
Michael Jackson hat in Man in the Mirror eine Zeile, die ich sehr passend finde:
"If you wanna make the world a better place, take a look at yourself and then make a change."
Das gilt für alle – für mich, für dich, für jeden. Die Welt wird nicht perfekt sein, und es gibt Ungerechtigkeiten. Aber wir können entscheiden, wie wir darauf reagieren. Und du hast mehr Einfluss auf dein eigenes Leben, als du vielleicht denkst.