Umgang mit Assistenz in der Familie

Hallo Leute,

Wie regelt ihr den Umgang mit der Assistenz innerhalb der Familie?

Zu unserem Hintergrund: Mein Mann und ich wohnen getrennt (2 Wohnungen im selben Haus) und haben ein gemeinsames Kind (2 Jahre alt).

Mein Mann bekommt 24h-Assistenz, d.h. Wenn wir unterwegs sind (Spielplatz, etc.) ist immer jemand mit dabei.

Ich würde angehalten nicht mit den Assistenten zu reden, mein Mann will ausschließlich, dass ich Hallo sage, aber anderweitige Unterhaltungen sind nicht erwünscht. (Gleichwohl unterhält mein Mann sich selbst schon mit seinen Assistenten, das höre ich auch wenn sie auf dem Flur sind, oder auch unterwegs.)

Nun zum Auslöser dieses Beitrags: Wir waren letztens unterwegs zum Spielplatz und eine Assistentin hatte Dienst, die ich persönlich sehr mag. Da mein Mann noch beruflich telefoniert hat, habe ich sie zusätzlich zum "Hallo" noch gefragt wie es ihr geht. Wir wechselten ein paar Sätze, das ganze war aber beendet bevor mein Mann aufgelegt hat.

Nach einer Runde auf dem Spielplatz sind wir weiter spazieren gegangen und ich habe wild wachsenden Rucola entdeckt, den ich prompt geerntet habe. Ich habe mich so über den Salat gefreut, dass ich beiden zugerufen habe, dass die ganze Wiese davon durchsetzt ist und ein Salat Stängel habe ich der Assistentin auch zum Riechen gegeben und ihr gesagt, dass sie ja nach Feierabend auch dort ernten kann.

Dann wollte unser Kind weiter auf den nächsten Spielplatz und da verabschiedete sich mein Mann mit der Begründung es sei schön spät und er wolle früh ins Bett. Ca. 15 Minuten später schrieb er mir per WhatsApp, er sei gegangen weil ich wiederholt mit der Assistentin gesprochen hätte, anstatt ihn anzusprechen, dass ich das das echt nicht hinbekäme und dass das nicht seiner Vorstellung eines Familienspaziergangs entsprechen würde.

Da ich selbst keine Behinderung/Assistenz habe, fällt mir das schwer das nachzuvollziehen, weshalb man sich derart daran stört, dass man Frau und Kind deswegen stehen lässt.

Seit dem "Vorfall" vor zwei Tagen meldet er sich übrigens auch nicht mehr und hat mich bei WhatsApp blockiert.

Was denkt ihr?

Ist das ok, dass wir mit deiner Abwesenheit/Ablehnung "bestraft" werden weil ich 4 Sätze mit der Assistenz gesprochen habe?

Sollte ich mehr Verständnis für ihn aufbringen?

Oder sollte ich eine Grenze setzen, weil das überzogen ist?

Kommentare

  • Slowrider
    Slowrider ✭✭✭✭

    Hallo

    Die erste Frage dich ich mir,und ich glaube auch viele andere,warum hat dein Mann eine Assistenz?Was ist der Hintergrund.Ich bin mir sicher, dass wir dir helfen könnten wenn wir wüssten was der Grund für sein Verhalten sein könnte.

    Ansonsten wäre es raten.Und das hilft sicherlich nicht weiter.

    Lieber Gruß

    Ralf

    (Antwort ist keine Rechts oder Medizinische Beratung.Für die Richtigkeit der Antwort wird keine Haftung übernommen.Einige Antworten werden mithilfe einer KI geschrieben.(Artikel wird gekennzeichnet)

  • Nadine_EnableMe
    bearbeitet 2. Aug 2024

    Hallo @Laurafragtnach ,

    was ich selbst aus meinem Alltag ohne Assistenz aber mit Begleitpersonen oder Freund*innen kenne ist, dass Menschen über mich mit ihnen reden. Sprich "Möchte sie…." oder "Kann sie…" während ich daneben stehe. Das kennen viele Menschen mit Behinderung. Sowas ist auch nicht okay. Das ist hier nicht der Fall gewesen dennoch musste ich bei dem Satz "wiederholt mit der Assistentin gesprochen hätte, anstatt ihn anzusprechen" daran denken.

    Jedoch ist natürlich jeder Mensch anders und hat andere Wünsche im Umgang mit der Assistenz.

    Ich hoffe, dass dir viele Menschen mit Assistenz antworten geben können.

    Viele Grüße

  • Ich finde das ehrlich gesagt nicht so gut, Assistenten zum Schweigen gegenüber Angehörigen anzuhalten. Ich habe seit 1996 Assistenz und es gibt durchaus Kommunikation und Austausch zwischen Angehörigen und Freunden und eben meinen Assistenten. Es hat eine gute Vertrauensbasis geschaffen, die alle Beteiligten sehr schätzen. Mag sein, dass ich mit meinem Team viel Glück habe, weil diese auch die privaten Momente erkennen und sich vorausschauend zurückziehen. Meine Assistenten brauche ich permanent, darum sind sie gewissermaßen ein Teil der Familie. Und wenn es mal an der Sensibilität fehlt, wird klar kommuniziert, dass es jetzt private Zeit ist.
    Manchmal habe ich das Gefühl, dass Assistenznehmer ihre Assistenten ein bisschen als Störenfriede betrachten. Kommt auch bei mir vor, aber es ist meines Erachtens kontraproduktiv, vor allem, wenn es einseitig ist.

    Auch ich bin verheiratet und tatsächlich verkompliziert das den Umgang mit Assistenz. Da geht es auch in intimere Bereiche, weshalb hier erhöhte Sensibilität erforderlich ist. Hierüber muss Klarheit herrschen. Da meine Frau auch in eigener Wohnung lebt, haben wir zwei Teams (meines seit 2019 mit Intensivpflege). Natürlich ist das alles nicht konfliktfrei, aber wenn man so viel Zeit mit Assistenten bzw. Pflegekräften zu verbringen gezwungen ist, muss man einen Mittelweg finden. Beleidigt abzuhauen, ist schon sehr schroff, besonders der Lebenspartner/in gegenüber. Dass aber mit zweierlei Maß gemessen wird, finde ich wirklich problematisch. Er redet ganz easy mit seinen Assistenten, und du darfst das nicht? Sehr fragwürdig. Ich denke, du solltest das mal mit deinem Partner besprechen und verdeutlichen, dass du dir keinen Maulkorb anlegen lässt. Was ist denn dabei, mal mit Assistenten zu plaudern? Ja, sei dir bewusst, dass du Grenzen setzen muss, besonders bei Streit zwischen euch Lebenspartnern, bei Erziehungsfragen und intimeren Themen, aber ein Gesprächsverbot geht meiner Meinung nach echt nicht.

    Die schon erwähnte Frage, warum Assistenz benötigt wird und welche Beweggründe dein Partner hat, ist berechtigt. Das zu wissen, wäre nützlich, um eine konkretere Beantwortung zu ermöglichen.

  • Schreibfee
    Schreibfee expert
    bearbeitet 26. Aug 2024

    Hallo @Laurafragtnach

    Ich verstehe, dass du irritiert bist und dich fragst, wie das "üblich" gehandhabt wird.

    In unserer Familie sind Assistenzen fast ein wenig Familienmitglieder. Wenn sie da sind, ist mir wichtig nachzufragen, wie es ihnen geht, ich weiss viel über ihr Privatleben, frage nach Kindern, schenke etwas zum Geburtstag usw. Aber jemand anderes findet das vielleicht total unprofessionell und viel zu nahe.

    Was ich damit sagen will: Es ist etwas Spezielles, einen fremden Menschen ins Haus zu lassen, diesen rund und um die Uhr im eigenen Leben zu haben, das Leben zu teilen - und dennoch Arbeitgeber zu sein. Da muss man sich gut überlegen, was für einen selbst stimmt, wo man Grenzen setzen möchte.

    Also: was vielleicht für eine Mehrheit stimmig ist, muss nicht für deinen Mann stimmig sein. Für ihn ist es wichtig, dass die Person im Hintergrund ist, vielleicht als wäre sie Luft. Das ist sein gutes Recht. Dies ist bestimmt mit der Assistenzperson abgesprochen und wenn die Assistenz den Auftrag so annimmt, dann sehe ich kein Problem darin.

    Wir wissen nicht, aufgrund welcher Hilflosigkeit dein Mann auf Assistenz angewiesen ist. Ihr lebt getrennt. Die Assistenz sieht deinen Mann in allmöglichen Lebenssituationen. Es ist nur eine Vermutung meinerseits, aber vielleicht befürchtet dein Mann auch einen Austausch zwischen dir und der Assistenz über Dinge, welche seinen Gesundheitszustand betreffen. Auch hier ist es sein Recht, dass er diesen Austausch unterbindet. Aufgrund der Aussage "so stelle ich mir den Familienausflug nicht vor" vermute ich aber eher, dass er sich tatsächlich wünscht, dass die Begleitung der Assistenz so in den Hintergrund rückt, dass er sie vergessen kann und ihr wie "unter euch" seid.

    Ich kann mir vorstellen, dass sich das "Ignorieren" der Assistenz für dich komisch anfühlt, da es nicht unseren anerzogenen Umgangsformen entspricht. Aber das kann man lernen. Ich habe dir da ein Beispiel: Meine Grosseltern waren plötzlich auf Spitex-Haushaltshilfe angewiesen. Sie waren ihr Leben lang grosszügige Gastgeber, so zwangen sie die Spitexfrau immer zuerst an den Zmorgentisch zu sitzen, zu essen und Kaffee zu trinken, sodass nur noch wenig Zeit fürs Putzen war. Ich versuchte meinen Grosseltern beizubringen, dass es völlig in Ordnung ist, der Spitex die Türe zu öffnen, grüezi zu sagen und sie dann einfach machen zu lassen - und z.B. selber wieder ins Bett zu liegen. Das war aber für meine Grosseltern ganz schrecklich, weil das wider ihr Naturell ging.

    Vielleicht kannst du der Assistenz sagen, wie komisch das für dich ist und wie unfreundlich du dir vorkommst? "Komische" Dinge anzusprechen vermag solche Situationen aufzulösen. Und dann fällt es dir vielleicht plötzlich leicht, dem Wunsch deines Mannes nach "wir sind unter uns" nachzukommen.

    Ein Gespräch mit ihm, wo du erklärst, dass es dir leid tut, dass du nicht verstanden hast, wie wichtig ihm das ist, könnte bestimmt die Wogen glätten. Ich wünsche euch gutes Reinwachsen in diese Situationen mit Assistenz. LG die Schreibfee

    Stephanie M. Fritschi

    Verwaltungsfachfrau Sozialversicherungsrecht I Mutter eines Kindes mit vielen Special-Effects I Kämpferin für die Rechte von Eltern mit einer besonderen Aufgabe

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