Hilfe - Lebensberatung zu psychischen Störungen

Hallo liebe Community,

das ist mein erster Beitrag hier, aber ich habe ein großes akutes Leiden. Bislang habe ich vor einigen Jahren die Diagnose der schweren depressiven Episode als Reaktion auf meinen Studienabbruch bekommen sowie narzisstische Anteile. Da war ich das erste Mal in psychologischer Beratung und bin nach dem Klinikaufenthalt nicht mehr zur Psychologin gegenangen, weil ich dachte, dass ein Studienwechsel meine Probleme löst.

Jetzt, 6 Jahre später, fällt mein Leben erneut auseinander auf jeder Ebene. Ich muss nur noch die Masterarbeit schreiben und das fühlt sich unschaffbar an, habe aus Scham alle Kontakte zu allen Freunden abgebrochen und stehe eigentlich nur mit meinen Eltern und Partner in Kontakt, zu denen das Verhältnis ambivalent ist. Ich habe viel über mich nachgedacht, über meine Kindheit und meine Verhaltensmuster. Die Jugend war nicht einfach, und ich habe mich bislang immer als Opfer betrachtet. Jetzt denke ich, dass ich eher die Täterin bin und persönlichkeitsgestört sein muss, weil sich diese Situationen stringent durch mein Leben ziehen. Das größte Problem sind meine eingeschränkten exekutiven Funktionen, dass ich nicht planen kann und komplett verantwortungslos anderen und mir ggü handele. Ich vermute, dass ich eine Mischung bin aus antisozialer PS, narzisstischer PS, abhängiger PS und Angststörung sowie chronischer Depression.

Mir ist bewusst, dass ich - um meine Familie und mich zu retten - eigenständig werden und auch selbstständig meinen Lebensunterhalt bestreiten können muss. Jetzt bin ich aber bald 30 und habe all diese Grundkompetenzen nicht, die es für wirklich jeden Job und fürs Leben generell braucht. Ich bin unorganisiert, wirklich stark vergesslich, kann nicht gut kommunizieren, undiszipliniert und verantwortungsscheu. Ich finde bspw. die Vorstellung, einen neuen Handyvertrag abzuschließen oder ein Auto zu besitzen, unvorstellbar anstrengend und unschaffbar für mich (damit meine ich die Organisation) und stoße das komplett weg von mir wie eigentlich jedes andere Lebensthema auch. Ich bin ganz schnell überreizt und war das schon als Kind. Zudem weiß ich absolut nicht wer ich bin und weiß nichts über ein Thema, nicht mal mein Studienfach, ein Hobby o.Ä. .

Ich verstehe, wenn diese Charakterbeschreibung nicht unbedingt Empathie erweckt. Dennoch wende ich mich an euch weil ich nach Lösungen suche. Bei meinen Eltern zu wohnen ist für sie eine große Belastung. Zu meinem Partner möchte ich nicht, weil ich auch dort eine zu große Belastung bin und er ohne mich besser dran ist.

Wie kann ich aus dieser Situation rauskommen? Ich habe das Gefühl, am besten wäre eine Berufsausbildung, wo man wirklich stark an die Hand genommen wird und so die praktische Ausbildung zu Ende bringt und darüber hinaus noch lernt, wie man seinen Alltag bestreitet (was in meinem Fall der wichtigste Teil ist). Ich habe aber die Sorge, dass ich mir das alles sowieso nur für die Prüfungen merke und durch meine abhängigen Tendenzen im Anschluss wieder komplett alleine darstehe.

Hat jemand Ideen/Anregungen?
Danke!

Antworten

  • Hallo @witch

    herzlich willkommen in der EnableMe Community. Zunächst einmal möchte ich dir für deine Offenheit und den Mut danken, deinen ersten Beitrag hier zu teilen. Es klingt so, als hättest du in den letzten Jahren viele Herausforderungen bewältigt. Ich hoffe, dass du in der Community weitere Erfahrungsberichte und Ideen für einen Weg nach vorne finden kannst. Ich habe ein paar Personen aus unserem Netzwerk kontaktiert, und sie werden sich bald melden.

    Deine Schilderungen zeigen, dass du dir deiner Situation sehr bewusst bist und bereits erste Schritte unternommen hast - das ist ein sehr wichtiger und mutiger Schritt. Bravo dafür!

    Hier teile ich einen Artikel zum Thema, der hoffentlich einen ersten Input liefern kann, bis sich die Community meldet: https://www.enableme.de/de/themen/psychische-gesundheit-und-einflussfaktoren-1217#Die%20Psyche%20st%C3%A4rken:%20Tipps%20von%20Diplompsychologe%20Tim%20Glogner

    Liebe Grüsse,
    Boryana

  • Liebe Boryana,

    Vielen Dank schon einmal für dein Kommentar!

    Liebe Grüße

  • @witch

    danke für Deine offene Art.

    Das sind aber die Dinge des Lebens, wo es keine vernünftigen Medikamente gibt.

    Auf Naturbasis gibts da schon was, aber Wunder gibts da auch nicht.

    Vielleicht verlangs Du jetzt auch zu viel von Dir?

    Es gibt sicher langwierige Therapien, aber….ob es die richtige war, weißt erst hinterher

    "Partner in Kontakt" Was ist das für eine formulierung? Liebe ist in so einer Situation das wichtigste und sinnvollste. Grenzenlose Liebe geht in den Kopf und kann helfen. Da passt aber diese Formulierung nicht dazu.

    Mehr fällt mir leider auch nicht ein

    Karlinchen

    (Antwort ist keine Rechts oder Medizinische Beratung.Für die Richtigkeit der Antwort wird keine Haftung übernommen)

  • Hallo @witch

    Du scheinst dir wirklich schon sehr viele Gedanken gemacht zu haben und setzt dich intensiv mit dir, deinen Schwierigkeiten und deinen bisherigen Erfahrungen auseinander. Auch bist du dir bewusst, dass nur du etwas verändern kannst an deiner Situation und das ist schon einmal der erste Schritt.
    Da ich mich leider nicht spezifisch auskenne mit den verschiedenen Angeboten in Deutschland und dies sicherlich je nach Bundesland wiederum sehr unterschiedlich sein wird, würde ich dir raten, nach Unterstützungsangeboten in deiner Gegend zu recherchieren. Es wäre wichtig dir externe Personen an „die Hand zu holen“, damit du unabhängig von deinem direkten Umfeld sein und Themen an einem neutralen Ort besprechen und reflektieren kannst. Damit meine ich einerseits eine Wiederaufnahme einer Psychotherapie - du erwähnst, dass du eine Psychologin hattest. Wäre es möglich, dass du dich dort wieder meldest? Oder findest du jemand anderes, falls es dort nicht gepasst hat für dich? Diese Therapeutin oder dieser Therapeut kennt sich dann regional allenfalls besser aus und kann mit dir schauen, welche Fachpersonen dich sonst noch unterstützen könnten auch hinsichtlich einer praktischen Ausbildung. Es geht darum, dich in einem möglichst selbständigen Leben zu unterstützen und gemeinsam zu schauen, was es dafür braucht. Denn nach deinen Schilderungen gehe ich davon aus, dass es mehr braucht als nur psychotherapeutische Unterstützung. Gegebenenfalls gibt es Angebote von Sozialarbeitern, Job Coaches, etwas wie betreute Wohnmöglichkeiten oder ähnliches? Ich hoffe, dass du bei deiner regionalen Suchen etwas findest. Denn du bist mit Sicherheit nicht allein mit deinen Schwierigkeiten und es ist mutig von dir, nach Unterstützung zu fragen.


    🌷

    Psychologin, M.Sc. / Bereich Schulpsychologie

    Mein Wissen bezieht sich insbesondere auf Themen wie: psychische Störungen, psychische Gesundheit, schulische Unterstützungsmöglichkeiten, Prüfung einer Sonderschulung, Angebote von psychologischer oder psychotherapeutischer Beratung/Unterstützung 🌻

  • Hallo @witch,

    ich habe auch ein wenig online recherchiert. Wie es auch schon @asophies vorgeschlagen hat, könnten vielleicht Peer-Gruppen und Austausche als Unterstützungsangebote interessant für dich sein?

    Es gibt zum Beispiel jeden Monat (nächster Termin ist am 23. Juli 2024 um 18 Uhr, nächsten Dienstag) einen Online-Peer-Austausch der Universität Marburg zu Depression und Angstzuständen bei Studierenden: https://www.uni-marburg.de/de/studium/service/sbs/aktuelles/termine/mental-health-selbsthilfegruppe-von-peer-to-peer . Das sind zwar nicht ganz genau deine aktuellen Probleme, aber eventuell könntest du dich hier melden und auch andere Leute kennenlernen, die in der Alltagsbewältigung vor Hürden stehen.

    Du könntest sicherlich auch noch mehr Gruppen finden, wenn du bei dir in der Stadt, im Viertel oder in der Gemeinde recherchierst. Oft sind diese Angebote ortsgebunden und nicht online. Wenn du möchtest, kannst du auch sagen, in welchem Bundesland du bist und ich kann nochmal darauf bezogen suchen.

    Viele Grüße, Emma

  • Vielen Dank für eure Antworten.

  • Hallo  @witch

    Danke für deine Anfrage und deine Offenheit. 

    Aus deinen Zeilen lese ich vor allem einen grossen Leidensdruck heraus. Wenn ich es richtig verstehe, hast Du dich in den letzten Jahren mit grosser Mühe durch dein Studium (und das Leben im Allgemeinen) gekämpft, u.a. weil es dir schwer fällt dich zu organisieren - eine wichtige Kompetenz, um ein Studium zu meistern. Obwohl Du in dem Bereich deiner Aussage nach Schwierigkeiten und anscheinend auch Ängste hast, hast Du es bis zur Masterarbeit geschafft. Das ist eine grosse Leistung! Aber ich vermute, es hat dich auch sehr viel Kraft und Mühen gekostet. Und die wiederholten Rückschläge und ggf. Misserfolge im Alltag haben sehr wahrscheinlich an deinem Selbstwert gekratzt. Du gehst mit dir sehr hart ins Gericht und das tut mir sehr leid. Das wird dir nicht gerecht. 

    Aus deinen Zeilen lese ich heraus, dass Du selbständig und erfolgreich sein möchtest. Du möchtest das Studium abschliessen und den Berufsalltag schaffen. Wenn ich es richtig verstehe, möchtest Du dein Umfeld dabei nicht zu sehr belasten. Gleichzeitig hast Du Ideen, was es brauchen würde (Coaching, wie man seinen Alltag bestreitet). Das ist schon mal ein sehr guter Ausgangspunkt.

    Als Psychologin und Psychotherapeutin möchte ich Dir nahelegen, dass Du dich in therapeutische Behandlung begibst, um (erneut) eine saubere diagnostische Abklärung machen zu lassen. Es ist dir nicht geholfen, wenn Du dir selber eine Persönlichkeitsstörung attestierst. Mein Verdacht ist, dass es da um etwas anderes geht. Du beschreibst gewisse Schwächen in der Selbstorganisation, Konzentration, Ausdauer, Reizverarbeitung und Kommunikation. Das hat mit Persönlichkeitsstörungen m.E. meist wenig zu tun. Um Dir bei diesen «Defiziten» gut helfen zu können und deine Stärken herauszuarbeiten und zu nutzen, ist eine Diagnose unabdinglich. Ich bin optimistisch, dass dir mit einem geeigneten Coaching, wie Du es dir wünscht und ggf. therapeutischer Unterstützung geholfen werden kann. Dein Hausarzt/deine Hausärztin kann dir helfen bei der Suche nach einem Psychotherapieplatz.  

    Sollte ein Coaching/ eine Behandlung nicht ausreichend sein, kann Dir dein/e BehandlerIn auch bei der Suche nach einer geeigneten Alltagsunterstützung behilflich sein. 

    Hilft Dir das weiter? Sonst melde dich bitte wieder!

    Ich wünsche Dir alles Gute auf deinem weiteren Weg!

    Herzliche Grüsse

    Ina Spycher

  • hallo @wich

    das klingt für mich schon sehr depressiv, dass du das Gefühl hast für alle eine Belastung zu sein. Ich kenne das sehr gut. Ich leide selbst seit Jahren unter mittelgradigen depressiven Episoden. Lange Jahre habe ich versucht meine Symptome durch Drogen und Alkohol abzumildern, was sich aber als völlig kontraproduktiv herausgestellt hat. Inzwischen bin ich seit fast 2 Jahren trockener Alkoholiker und bei den Anonymen Alkoholikern. Da ich in den verschiedenen Online-Meetings schon sehr viel über mich und meine Sucht herausgefunden habe, finde ich solche Geschlossenen Online-Meetings auch für Menschen in Krisen eine interessante Möglichkeit. Wenn du an einem Austausch interessiert bist, kannst du mir gerne schreiben.

  • Hallo @witch,

    tatsächlcih wäre ich mit Selbstdiagnosen manchmal vorsichtig. Gerade weil die genannten Symptome auch bei AD(H)S / Autismus vorkommen. Jedenfalls habe ich mich als ADHSlerin in deinen Symptomen direkt wiedergefunden.

    Viele Grüße