Ersatzpaar Unterarmgehstützen zu Reservezwecken gerichtlich erstritten

Moin zusammen,
ich möchte Euch mit diesem Beitrag zeigen, dass es sich lohnt, nicht alle Entscheidungen der Krankenkasse kampflos hinzunehmen. Auch wenn es Geduld und Nerven kostet.

Aufgrund einer Beinamputation (Hüftexartikulation im Jahr 197😎 bewege ich mich seit 19 Jahren an Unterarmgehstützen fort.
Für weitere Wege Outdoor habe ich einen Leichtgewichtrollstuhl (für Wege mit dem PKW) und einen E-Scooter für die Fortbewegung am Wohnort.
Unsere Wohnung ist nicht vollumfänglich rollstuhlgerecht.
Eine Prothese kann ich aufgrund von Rücken- und Stumpfproblemen seit 2001 nicht mehr tragen.
Ich bin ein sehr aktiver Mensch und viel unterwegs.
Dabei werden die Gehstützen sehr gefordert und meist sind nach einem Jahr die Löcher der Höhenverstellung ausgeschlagen.
Dadurch hat das Gestänge keinen optimalen Halt mehr und bewegt sich hin und her und sackt auch in der Höhe nach.
Das wird dann von Tag zu Tag der Benutzung schlimmer.
Laut Hersteller ist, sobald dieser Defekt auftritt, eine sichere Verriegelung des Druckknopfes nicht mehr gewährleistet und die Gehhilfen dürfen keinesfalls weiterverwendet werden.
Die Gebrauchsanweisung und Sicherheitshinweise des Herstellers meiner Unterarmgehstützen hänge ich diesem Beitrag zur Info an.
Dieses Sicherheitsblatt hatte ich zum allerersten Mal 2 Tage vor der Gerichtsverhandlung vom Hersteller erhalten.
Das Sicherheitsblatt wurde vom Gericht dankend für die Urteilsfindung herangezogen.

Meine Krankenkasse hat mehrfach 4-12 Wochen benötigt um mich bei Ausfall/Defekt meiner einzigen Unterarmgehstützen mit einem neuen, intakten Paar zu versorgen.
Bis zur Bewilligung und Versorgung mit einem intakten Paar Gehhilfen musste ich an defekten Unterarmgehstützen laufen.
Was ein hohes Sicherheitsrisiko für Stürze/Unfälle mit sich bringt.

Mein Doc hat mir aufgrund der lang andauernden Belieferung mit einem intakten Paar Unterarmgehstützen 2017 ein ein Ersatzpaar verordnet, mit der Begründung, dass meine Mobilität auch bei Defekt der Erststützen gegeben sein muss.

Die Bewilligung des Ersatzpaares hat die Krankenkasse mit Bezug auf §12 SGB V abgelehnt:
"Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen."

Da ich von der Krankenkasse mit einem Paar Unterarmgehstützen versorgt wurde, meinte meine Krankenkasse sie wäre ihrer Leistungspflicht nachgekommen und eine erneute Versorgung würde das Maß des Notwendigen überschreiten.
Welche unqualifizierten Kommentare ich mir telefonisch von dem Sachbearbeiter anhören musste, möchte ich Euch ersparen.

Gegen die Ablehnung des Ersatzpaares habe ich Widerspruch eingelegt.
Mein Widerspruch wurde mit der o.a. Begründung (Doppelversorgung/nicht wirtschaftlich usw.) abgelehnt.
Da ich rechtsschutzversichert bin, auch für Sozialrecht, habe ich gegen die Entscheidung meiner Krankenkasse Klage eingereicht.

Per Gerichtsurteil vom 04.02.2020 vom Sozialgericht Kiel Aktenzeichen S3KR364/17 wurde meine Krankenkasse dazu verurteilt, mir ein Paar Unterarmgehstützen zu Reservezwecken zu bewilligen.
Weil mir die, im Falle eines Defektes des Erstpaares und bis zur Versorgung mit einem neuen Paar, entsehenden Mobiltätseinschränkungen nicht zuzumuten sind.
Der § 33 Abs.1 SGB V wurde vom Gericht bei der Entscheidungsbegründung mit angeführt.

Das Unteil hat inzwischen rechtskraft erlangt und meine Krankenkasse hat mir das Reservepaar vom Sanitätshaus liefern lassen.
Geht doch!

Lasst Euch nicht entmutigen und seid streitbar, wenn es um Eure Rechte geht.





Antworten