Ist er verunsichert?

Hallo liebe Community,
vor ein paar Tagen ist es passiert.
Er schlug in mein Leben ein, wie eine Bombe und hat alles durcheinander geworfen.
Ich bin so verknallt wie schon lang nicht mehr. Er sitzt im Rollstuhl, aber das ist mir vollkommen egal. Wir schreiben seit unserem Zufallstreffen täglich. Haben uns auch schon zwei weitere Male verabredet.
Wenn er lächelt, wow, dann geht für mich die Sonne auf.

Nun, leider ist sein Verhalten mir gegenüber etwas schwer verdaulich. Und da liegen Schmerz und Glück echt nah beieinander.
Beim ersten geplanten Treffen sprachen wir von Verliebtheit. Haben uns ein ruhiges Plätzchen gesucht, uns umarmt, uns einander an den Armen und im Gesicht gestreichelt und uns geküsst. Es war einfach nur schön. Er ist so zärtlich.

Na ja, beim zweiten Treffen war er etwas ausgewechselt, distanzierter. Hat mich aber dennoch ganz lieb angesehen und meine Hand ab und zu gehalten.
Dann wollte er relativ früh los, war ja auch okay. Beim Abschied hat er mich ganz verloren angesehen. Meine sogar, dass seine Augen etwas feucht wurden, so als würde er am Liebsten gleich los weinen.

Er meinte, dass ihm manchmal alles auf die Nerven geht, ich mir aber nichts dabei denken solle.

Was meint ihr?
Sehe ich es richtig, dass er hin- und herrgerissen ist zwischen seinem Handicap und diesem Gefühl des Verliebtseins? Kann es sein, dass er verunsichert ist?

Muss dazu sagen, dass ich eine recht quirlige, lebensfrohe Gesellin bin. Kann es sein, dass er denkt, er könne mir nichts "bieten"?
Wie kann ich ihm helfen das zu überwinden?
Er bedeutet mir wirklich viel und er hat mir bei diesen drei Treffen schon viel mehr gegeben, als er vielleicht denkt.

Habe ihn auch nicht wieder angeschrieben, weil ich so furchtbare Angst habe ihn zu verschrecken. Fällt mir aber echt schwer...

Bin verwirrt.

LG
HerzAnHerz


Antworten

  • Hallo HerzanHerz,
    du scheinst noch recht jung zu sein gell.
    Verliebtsein und Liebe sind große Unterschiede, bei Verliebtsein ist alles rosarot, da ist alles Sonnenschein ohne Schatten.
    Der Alltag ernüchtert bald.
    Ob der genannte verunsichert ist kann ich nicht sagen, vielleicht aber sieht er es nüchterner als du und fürchtet sich vor dem Alltag.
    Rudi
  • Hallo Rudi,
    dank dir für die Antwort.
    Ich bin ü30 und befasse mich mittlerweile sehr mit dem Thema. Und dass der Alltag nicht aus dem Schweben auf rosa Wölkchen besteht weiß ich auch. Das ist ja kein Märchen, sondern das Leben.
    Ich habe innerhalb der eigenen Familie gesehen, dass es nicht leicht ist, dass es zahlreiche, schwierige Situationen gibt. Ich bin mir dessen zu hundert Prozent bewusst.

    Auf der einen Seite ist spürbar, dass er sich "mehr" als eine Freundschaft wünscht, auf der anderen Seite putzt er sich selber runter. Ist halt schwierig, aber ich halte es aus.


  • HerzAnHerz hat geschrieben:
    Kann es sein, dass er verunsichert ist?


    Kann sehr gut sein. Klare Worte helfen immer. Gedanken, Ängste, Sorgen, Vermutungen und alles was sonst so im Kopf rumschwirrt, klar beim Namen nennen.

    Wie stellst du dir (als quirlige Gesellin), denn die Partnerschaft so vor? Angenommen, du willst mit Freunden auf Partys oder Stadtfesten und dergleichen? Klar - er könnte ja mit. Aber denk das mal zu Ende und variiere die Ereignisse, die da auf euch zukommen könnten.
    Vielleicht auch ganz gut, wenn du dir vor Augen hälst, an welchen Stellen du dein Leben verändern müsstest, wenn ihr eine Partnerschaft eingehen würdet.
    .
    Ich glaub, auch ohne eure beider Persönlichkeiten zu kennen, hier braucht es ne Menge Zeit. - Nicht nur für Vertrauen.

    HerzAnHerz hat geschrieben:
    Na ja, beim zweiten Treffen war er etwas ausgewechselt, distanzierter. Hat mich aber dennoch ganz lieb angesehen und meine Hand ab und zu gehalten. (..) Beim Abschied hat er mich ganz verloren angesehen. Meine sogar, dass seine Augen etwas feucht wurden,


    Klingt 'n bissel für mich nach Trauer, weil er mit dir nicht so mitziehen kann, wie er gern würde. Aber das ist nur Spekulation.
    Ist der Rolli bei ihm von Geburt an?

    Beste Grüße
  • HerzAnHerz hat geschrieben:(...)
    auf der anderen Seite putzt er sich selber runter.


    Darf ich dazu ein oder zwei Beispiele (Zitate) lesen?

    'tschuldigt den Doppel hier wieder...

    😺
  • Hi Feierabend,

    nein, er sitzt nicht von kleinauf im Rollstuhl.
    Erst einmal: Ich bin keine Partymaus. Ja klar, gehe manchmal aus, sitze aber lieber gemütlich in der Kneipe und es gibt hier ein/zwei Läden, die weitestgehend barrierefrei sind.
    Möchte mich auch gerne zukünftig für mehr Barriere-Freiheit engagieren, weil mir das echt ein großes Anliegen ist.

    Du könntest schon recht haben, dass er glaubt nicht mit mir mithalten zu können. Es ist aber Unsinn, denn ich würde mich selbstverständlich an ihm orientieren. Wie sollte es auch anders gehen? Dass das mit Einschränkungen verbunden ist, ist auch klar.

    Ich habe z.B. geschaut, dass der Laden ne ebenerdige breite Eingangstür hat, habe einen Tisch gewählt wo er bequem mit dem Rolli sitzen kann. Wie gesagt, ich kenne das von familiärer Seite aus.

    Hmmm... ja er bringt halt so komische Sprüche so in Richtung, dass er minderwertig ist. So ein Schmarrn. Und er hatte halt auch nicht allzu viel Glück mit den Frauen.

  • Liebe HerzanHerz
    Es gibt Leute die mögen Wurst und es gibt Leute die lieben Wurst mit Senf . Da geb ich doch mal meine dazu:
    das Zauberwort heisst KOMUNIKATION Frag nicht uns frag ihn !!!


  • Liebe HerzanHerz

    genau frag ihn nicht uns!
    Was meint sein Herz?
    ( Die Liebe ist geben und nehmen und manchmal verzichten)
  • 😳 Herje.... Warum darf sie nicht uns fragen???? 😳

    Wer, wenn nicht wir, weiß um die 'Problematik' mit Partnern, die behindert oder nicht behindert sind?
    😡

    Und ich finde es sogar toll, dass HerzAnHerz hier her gefunden hat. Just my point of view.

    ZITAT:
    "Hmmm... ja er bringt halt so komische Sprüche so in Richtung, dass er minderwertig ist. So ein Schmarrn."


    Für dich ist das Schmarrn, Und ihm das immer wieder zu sagen, hilft nicht wirklich. Zeigen schon eher. Und du machst das vollkommen richtig wie ich finde! Bleib dabei und er wird irgendwann erkennen, dass du es wirklich für Schmarrn hältst.

    Wenn er sich selber mal wieder nieder macht, sag ihm einfach klar, das er so was in deiner Gegenwart nicht mehr tun soll weil es dir weh tut.

    ZITAT:
    "Erst einmal: Ich bin keine Partymaus. Ja klar, gehe manchmal aus, sitze aber lieber gemütlich in der Kneipe und es gibt hier ein/zwei Läden, die weitestgehend barrierefrei sind."


    Na das sind doch die besten Voraussetzungen für euch beide!

    Es braucht wie gesagt wirklich Zeit um zu glauben, was man(n) da vor sich hat und wenn die Erfahrungen bis dato weniger cool für ihn waren, braucht es möglicherweise noch etwas mehr Zeit als normal.

    Ist halt schlimm wenn man weiß, wie das Leben ohne Rolli eigentlich ist. Offensichtlich hat er sein Schicksal noch längst nicht akzeptiert. Muss er aber, sonst kommt ihr nicht weiter, behaupte ich.

    ZITAT:
    "Ich habe z.B. geschaut, dass der Laden ne ebenerdige breite Eingangstür hat, habe einen Tisch gewählt wo er bequem mit dem Rolli sitzen kann. Wie gesagt, ich kenne das von familiärer Seite aus."


    Ebenfalls super Voraussetzungen. Du hast keine Hemmungen in irgendeiner Art und Weise mit ihm in der Öffentlichkeit zu sein. Auch das bemerkt er irgendwann oder hat es sogar bereits. Es muss nur noch bei ihm durchdringen - ins Herz dringen. Und dann wird alles gut.

    Ich drück dir ganz doll die Daumen (wenn auch mit links nich ganz so doll) 😉

    Und lass dich hier ruhig weiter hier blicken wenn du Fragen hast! Hier bist du richtig!!!

    Ich hätte mir vor 7 Jahren gewünscht dieses Forum entdeckt zu haben um vielleicht ein paar Ratschläge zu bekommen, wie ich dies oder jenes händeln könnte. Die Hemmungen wegen meiner Behinderungen hat meiner Partnerschaft echt viel Zeit geklaut. Heute ist's als wäre ich genauso gleichwertig und gesund wie mein Partner. Ersteres ist ja tatsächlich der Fall von Anfang an gewesen. Geblickt hab ich's nur nicht.

    Beste Grüße
  • Hi nochmal Feierabend,

    herzlichen Dank für deine ermutigenden Worte. Finde es übrigens schade hier gleich als dummes, naives Ding abgestempelt zu werden.

    Hinzu kommt, dass wir durchaus kommunizieren, er aber eben Schwierigkeiten hat sich zu öffnen.
    Ich werde da geduldig sein und ihm die Zeit geben, die er braucht. Er ist mir das wert.
  • Hallo HerzanHerz,
    nun komm, mach dich nicht selbst runter in dem du meinst man würde dich als dummes naives Ding sehen.
    Wenn du das aus meiner Antwort entnommen haben solltest tut mir das leid, es war sicher nicht so gemeint.
    Das beste ist so viel miteinander reden als möglich, so wird sich die Spannung lösen und ihr sprecht ganz frei miteinander über alles was euch evtl. belastet oder wissen möchtet.
    Gruß
    Rudi
  • Hi Rudi,
    schon gut. Hatte es tatsächlich erst so aufgefasst. Es war eigentlich nur gut gemeint von dir. Das habe ich jetzt begriffen. 😉

    Also beim zweiten Treffen hatten wir ein sehr gutes Gespräch, fast zweieinhalb Stunden. Ich ziehe meinen Hut davor, dass er sich mir so geöffnet hat. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es für ihn nicht einfach ist.

    Ich denke es ist auch ein wenig so wie Feierabend schrieb, dass er sich nicht zu hundert Prozent mit seinem Schicksal abgefunden hat.
    Andersherum flachst er auch über seine Situation.
    Gestern fragte die Bedienung ob er noch was trinken wolle. Er antwortete ganz trocken: "Nö erstmal nicht. Ich muss ja noch fahren."

    Es gibt wohl also schon Tage an denen es ihm relativ gut geht. An anderen Tagen wiederum hat er Durchhänge-Phasen und schläft dann auch sehr viel.
  • Was ich vielleicht noch hinzufügen kann, ist, dass er sich in schlechten Phasen extrem zurückzieht. Wie zeige ich ihm, dass ich auch die schlechten Phasen mit ihm bereit bin durchzustehen?
    Es macht mich sehr traurig, wenn er die mit sich allein ausmacht. Klar, es muss von ihm kommen zu sagen: "Du, mir geht's nicht gut. Kannst du zu mir kommen?" Da werde ich wohl auch jede Menge Geduld aufbringen müssen.

    Habe ihn gestern kurz angerufen. Wollte wissen wie es ihm geht. Hatte wohl einen schlechten Tag. Fragte ihn dann, ob ich was für ihn tun könne, was er verneinte. Haben kurz über dies und jenes gequatscht. Und dann meinte er, ob ich böse sei, wenn wir wieder auflegen.

    War eine blöde Situation, weil ich mir ja auch Sorgen mache.
    Aber ich kann ihm halt nix aufzwingen.
    Habe ihm später noch eine kurze WhatsApp geschickt. Dass ich an ihn denke und ihn sehr lieb habe. Die kann er dann lesen, wenn es ihm wieder besser geht, weil er auch nur dann online geht.

    Ich handle da mehr aus dem Bauch heraus. Habe aber auch ein bisschen Schiss etwas falsch zu machen oder dass er das Gefühl hat unter Druck gesetzt zu werden.

    Ich fürchte was die Unsicherheiten betrifft, schenken wir uns beide nichts. 😕
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