Schwerbehindertenausweis

Hallo Zusammen,

Ich hatte 2006 einen Gehirntumor und bin seitdem fast blind auf einem Auge. Und das andere hat auch nur ungefähr 60%. Sehkraft.
Einen Behindertenausweis besitze ich schon (80%=50 chronische Erkrankung und 30%Sehbehinderung)
Und dazu habe ich eine Frgae, und zwar geht es darum, dass ich oft mit dem Fahrrad unterwegs bin, aber schon enorme Probleme mit dem Sehen habe, deshalb habe ich mich gefragt, wann man denn so einen Buchstaben auf den Behindertenausweis bekommt? Bei mir wäre das dann wahrscheinlich ein S für Sehbehinderung) Und könnte ich dann mithilfe einer Wertmarke umsonst Bus und Bahn fahren?
Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen. Ich wäre sehr froh darum!
Mfg Oleman

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  • Oleman hat geschrieben:
    "....
    Einen Behindertenausweis besitze ich schon (80%=50 chronische Erkrankung und 30%Sehbehinderung) ...."



    ...hier stimmt etwas nicht!
    Ein GdB wird auf den höherwertigen "Einzell GdB" vergeben.
    Wenn du hier schreibst, das du in den Einzel-GdB einmal einen GdB 50 hast und einmal einen GdB von 30 ist der gesamt GdB dennoch 50.
    Der Bescheid müsste einen Gesamt GdB von 50 ausweisen.
    Alles andere zu den Merkzeichen hat der User Jenner bereits erwähnt.

    Aber da du recht gut mit dem Internet klar kommst, halte ich deine Nachfrage eines Merkzeichen "S" für recht ...öhm... merkwürdig!
    Denke, man sollte dieses Frageforum nicht verulken, dafür gibt es andere Foren und in der Sache eigentlich nicht fair zu Menschen, die wirklich eine Frage haben.

    Gruß
    rollispeedy
  • Hallo,

    beim hiesigen Amt bekäme er einen Gesamt GdB von 60. Hier wird gerechnet. Haupterkrankung voll und alle weiteren Erkrankungen werden mit zur Hälfte addiert. 5er Stellen fallen weg...

    Nach Rollispeedys Rechnung hätte ich nur einen GdB von 50. Nach der Rechnung meines Amtes komme ich auf 90.

    Scheinbar gibt es da keine eindeutigen Regeln, sondern reine Willkür und Auslegung...

    Jumanji
  • nein, es gibt keine "Willkür" 😢 🥺

    Es werden die fantastischsten Formeln kreiert!
    Grundsätzlich ist die " Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008" anzuwenden.

    Nun möge man dem Sachbearbeiter "Willkür" unterstellen, wenn er "die Behinderungen in seiner Gesamtheit" bewertet, dieses hängt aber davon ab, inwieweit die beantragte Person seine/ihre Behinderungen im Alltag darstellt.

    Die GdS - Tabelle (GdB Bewertungen) geben hier die Wechselwirkungen der Einzel-GdBs.

    Ich möchte mal versuchen es pauschaliert zu verdeutlichen:
    Eine Person hat drei Behinderungen:
    Behinderung 1: Versteifung aller Zehen eines Fußes = GdB 10
    Zusätzliche Schilderung der Person und Arzt: "Es sind wesentliche Funktionseinschränkungen beim Gehen/Laufen vorhanden"
    kann der GdB bis auf einen GdB 30 heraufgesetzt werden (je nach Deutlichmachung der Einschränkung)

    Behinderung 2: Eingeschränkte Atmung bei geringer Belastung (Erschöpfungszustände) = GdB 50

    Behinderung 3: Heftige tägliche einseitige Kopfschmerzen, mit einher gehender Konzentrationsschwäche
    Diese Behinderung findet man so in der GdS-Tabelle nicht.
    Hier ist es wichtig, dass der Antragsteller darlegt, wie die Kopfschmerzen sich auswirken. Der Sachbearbeiter nimmt sich die GdS-Tabelle und vergleicht nun die gemachten Angaben mit den Richtwerten der GdS-Tabelle, da jetzt keine wesentlichen Begründungen des Antragstellers vorliegen und nur der Arzt die Schmerzen anhand der Befundberichte bestätigt, geht der Sachbearbeiter nun von "Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich, schwer (häufige, mehrmals im Monat auftretende starke Schmerzen bzw. Schmerzattacken)" = GdB 50 aus.

    Behinderungen Einzel GdBs zusammen: Beh. 1 = GdB 30; Beh. 2 = GdB 40; Beh. 3 = GdB 50
    Nun liegt es am Sachbearbeiter, die eingereichten Unterlagen in ihrer "Gesamtheit und Wechselwirkung" zueinander zu bewerten.
    Da bieten andere GdS-Richtwerte Orientierungsmöglichkeiten:
    z.B.: Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen (spino-) zerebellarer Ursache je nach dem Ausmaß der Störung der Ziel- und Feinmotorik einschließlich der Schwierigkeiten beim Gehen und Stehen GdB 30 - 100

    Aufgrund der gemachten Daten im Antrag und der Auswertung aller Befundberichte sowie der gemachten Angaben vom Antragsteller befindet der Sachbearbeiter:
    GdB 60 mit Merkzeichen G,
    Auswertung der Wechselwirkung der einzelnen GdB:
    Behinderung 1: 30 ; Behinderung 2: 60 ; Behinderung 3: 50 ; Das Merkzeichen G bekommt er wegen der eingeschränkten Atmung und nicht wegen den Zehen. (Das ist nur ein Beispiel!!)

    Also:
    Ärztliche Aussagen (Befundberichte und Stellungsnahme des Arztes) und die des betroffenen Antragstellers müssen glaubhaft machen, dass Einzel-GdBs in ihrer Wechselwirkung miteinander einen höheren GdB ausmachen.
    Aber eine Addierung der GdBs findet nicht statt!


    Gruss
    rollispeedy
  • Hallo,

    interessant mal die gesetzliche Grundlage zu lesen. Die von mir beschriebene Aussage habe ich sogar schriftlich. In meinem für mich zuständigen Amt rechnet man genau so, wie von mir beschrieben. Da scheint die gesetzliche Grundlage eher eine grobe Handlungsanweisung zu sein und das nenne ich dann Willkür.

    Spannend wird es, wenn man die richtigen Leute bei der Frage nach dem Merkzeichen aG involviert und man erst das aG abgelehnt bekommt, mit der Aussage, der Gesundheitszustand habe sich nicht geändert. Danach dann mit der richtigen Person am Amt telefoniert, sie um Hilfe bittet und zu schauen, ob ein Widerspruch Sinn macht. Drei Tage später dann einen Anruf bekommt, dass man einen formlosen Widerspruch schreiben soll, mit der Bitte die VORHANDENEN Unterlagen erneut zu prüfen und dann einen Abänderungsbescheid bekommt, mit Bewilligung des Merkzeichen aG! Sprich die gleichen Unterlagen beim gleichen Sachbearbeiter vor und nach dem Widerspruch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Auch dies ist dann für mich reinie Willkür, denn der Sachbearbeiter kann die eingereichten Unterlagen nach eigenem Ermessen deuten und die Gesetze sind allenfalls eine grobe Handlungsanweisung.

    Gruß Jumanji


  • Hallo Jumanji,

    als ich deinen Text gelesen habe, ....entfleuchte sich ein klitzekleines Lächeln um meine Lippen. 😕

    In 2008 hatten wir ein Paradigmenwechsel die GdB Bewertung nicht "nur" aus der Diagnose zu verteilen, sondern nach den tatsächlich vorhandenen und bestehenden Behinderungen!
    Hier soll gerade explizit die Behinderung bewertet werden und die damit verbundenen Nachteile in der Gesellschaft Rechnung getragen werden.
    Das ist bei neurologischen/psychischen und bei anderen gesundheitlichen Erkrankung eine Herausforderung an die Sachbearbeiter des VA. Aber es entspricht den Anforderungen und Vorstellungen der Behindertenverbände und anderen Interessengruppen. Nicht jede Diagnose hat auch die gleichen Auswirkungen im täglichen Leben eines Betroffenen.
    Neue Heilmethoden und Hilfsmitteln verursachen auch eine Verbesserung der Lebensumstände und Lebensqualität die wiederum nicht bei jeden Betroffenen umzusetzen sind. Daher muss auch eine verschiedene Bewertung, individuelle personenbezogene GdB-Bewertung, vorgenommen werden.
    Im Einzelfall kann es zu Irritationen führen, wenn man mit anderen behinderten Menschen redet, die eine gleiche Erkrankung haben aber anders Bewertet wurden. Nicht jeder Behinderte erzählt alle seine gemachten Angaben zur Bewertung eines GdBs (Potenzprobleme, Orientierungsschwächen, psychische Probleme usw.).

    Nach einem Widerspruch (Überprüfungsantrag) eines Bescheides gehen die Befundberichte und die Selbstdarstellung zu 90% in den medizinischen Abteilung des VA - also zur Vorlage bei einem amtlichen Facharzt, der wiederum die Sachlage überprüft.

    Auszug aus der Bewertungsgrundlagen:
    "...Bei der Beurteilung des Gesamt-GdS ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdS bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdS 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden...."

    "... Um die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander beurteilen zu können, muss aus der ärztlichen Gesamtschau heraus beachtet werden, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können...."
    (Wenn dieses jedoch durch Befundberichte bereits gemacht wurde, ist das bei der Erst-Bewertung durch einen Sachbearbeiter regulär nicht mehr erforderlich. Bei einem Widerspruch wird hier jedoch die ärztliche Bewertung nochmals vorgenommen)

    Würde mich daher sehr interessieren für das Schriftstück, welches du zur Stellungsnahme der GdB-Bewertung bekommen hast, denn es ist nicht Gesetzeskonform und somit "SGB X und Versorgungsmedizin-Verordnung" widrig!
    Denn als Erklärung muss der oben genannte Satz "Sinngemäß" einem als GdS/GdB/MdE Bewertung einem mitgeteilt werden und keine "kreierten Rechenformeln". 🥺 😳

    Gruß
    rollispeedy
  • Hallo,

    das Amt hier hat schon öfter Dinge gebracht, die nicht Rechtskonform waren....

    Um zwei Beispiele zu nennen:
    Der Bescheid gilt immer rückwirkend zum Antragsdatum. Daher hab ich, als mir das Merkzeichen G bewilligt wurde gefragt, ob ich die Autosteuer rückwirkend wieder bekomme, denn rückwirkend Bus und Bahn fahren ist schlecht möglich. Ich habe mir also die Wertmarke ab dem Tag ausstellen lassen, wo ich sie mir am Amt geholt hab. Die Autosteuer bekäme ich aber für den Zeitraum davor nicht wieder. Das ginge angeblich nicht. Rückfrage beim Finanzamt: Klar geht das, der Bescheid gild ja ab Antragsdatum. Waren mal eben locker von einem halben Jahr die Hälfte der Autosteuer. Das Nicht-Wissen des Sachbearbeiters hätte mich also um dieses Geld gebracht, wenn ich nicht an anderer Stelle nachgefragt hätte.

    Ich habe bei der ersten Ablehnung des Merkzeichen aG meinen Widerspruch in üblicherweise formuliert, dass ich die Unterlagen haben will und danach die Begründung formuliere. Als ich die Unterlagen bekam, teilte man mir mit, der Vorgang sei zur Bezirksregierung gegangen. Von dort würde ich weiter hören. Drei Tage danach bekam ich von der Bezirksregierung den Ablehnungsbescheid Das Recht den Widerspruch zu begründen war mir verwehrt worden. Nachdem ich mich dann mit dem Sachbearbeiter vor Ort ordentlich am Telefon gezankt habe, dass das Rechtswidrig ist, knickte er ein und fand sogar den Paragrafen, der mir erlaubt das Widerspruchsverfahren wieder aufleben zu lassen.

    Von daher.... Selbst was hier vom Amt schriftlich als Bescheid kommt, ist noch lange nicht Gesetzeskonform!!!

    Jumanji
  • ja, ... diese beschriebenen Umstände kenne ich auch zur Genüge.
    "Manche Sachbearbeiter" machen es sich sehr einfach! Jeder Verwaltungsakt, der abgeschlossen ist, kann wieder aktiviert werden unter bestimmten Voraussetzungen (darauf möchte ich aber hier nicht eingehen)! Nur bei Gerichtsurteilen sieht das anders aus.

    Aber es ist schön, dass es "mündige Bürger" gibt, die es verstehen, Verwaltungsfachangestellten ihre Grenzen aufzuzeigen.
    Gerade deswegen finde ich dieses Forum als eine wirkliche gute Informationsquelle!

    Gruß
    rollispeedy
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