Ist Bebeuteln bei Sättigungsabfall sinnvoll oder schädigend?

Hallo!

Es handelt sich bei meiner Frage um einen COPD Gold 3 Patienten, der tagsüber bis zu 10 std. spontan atmet und sonst invasiv beatmet wird.
Er leidet immer wieder unter Sättigungsabfällen bis ca. 75 %, lässt sich dann mit Inhalationen und Atemübungen schnell wieder stabilisieren und pendelt sich dann bei ca. 92% ein. Derartige Sättigungsabfälle hat er, je nach Tagesform ca. 2 bis 5 mal täglich.
Eine der Pflegekräfte bebeutelt den Patieten in diesen Situationen. Dabei nutzt er das maximale Luftvolumen des Ambubeutels und bringt die Luft sehr schnell, also mit hohem Druck in die Lunge. Der Patient sinkt dabei meist erst weiter mit der Sättigung ab und erholt sich dann langsam wieder. Diese Pflegekraft sagt, dass auf diese Weise die Alveolen geöffnet und entstandene Atelektasen wieder eröffnet werden.
Eine andere Pflegekraft sagt, dass diese Maßnahme zwar im ersten Moment hilft, aber langfristig die Lunge schädigt, da so die Oberflächenspannung in den Alveolen durch dem plötzlichen hohen Druck geschädigt wird und dann der Gasaustausch erschwert wird. Schlimmstenfalls könne es zu einer Vermehrung der Atelektasen oder einem Barotrauma kommen. Folge wäre dann, dass die Sättigungsabfälle sich häufen und sich das Krankheitsbild weiter verschlechtert.
Wer hat Recht?
Ich freue mich auf eure Antworten.
LG

Antworten

  • Hallo thealarsen,

    Ich leite einen Intensiv Pflegedienst und haben auch COPD beatmete Klienten in der Versorgung.
    In gewisser Weise haben beide Recht.
    Für mich ist es schwer aus der Ferne die richtige Empfehlung zu geben, da ich den Klienten nicht kenne.
    Deswegen meine Meinung / Vermutung.
    Wer mit COPD nach 10 Stunden einen SÄT.Abfall hat kann mehreres "zeigen".
    1. Bin verschleimt / Sekret-Stau und muss abgesaugt / inhaliert werden.. Steigt danach das SPO² wieder an, war das der Grund. steigt das SPO² danach nicht an, liegt eine andere Ursache vor.
    2. was vermutlich eher die Ursache ist nach 10 Stunden Spontanatmung, ist die absinkende eigene Atemarbeit. Soll meinen, dass nach 10 Stunden der Klient zu schwach ist ausreichende Atemarbeit zu leisten, wegen Ermüdung und es dadurch zu stark absinkendem SPO² Werten kommt. Hier wäre dann der Anschluß an die Beatmungsmaschine die richtige Entscheidung. COPD hat leider einen progredienten Verlauf...soll meinen ...je nach Verlauf der Krankheit, werden die Sontanatemzeiten geringer. Hier genügt oft schon ein kleiner Infekt. In solchen Fällen sollten die Spontanzeiten verkürzt werden.
    Es gibt ein spezielles Atemtraining für COPD Patienten. Im Optimalfall, bessert sich die Atemarbeit bzw. dient der Statuserhaltung. Ob das in dem Fall den du beschreibst auch funktioniert, kann ich aus der Ferne nicht sicher sagen.
    Denn eines ist klar...wer an gesicherter COPD erkrankt, bei dem ist eine Normalisierung der Atemfunktion ausgeschlossen.

    So nun zu der Pfelgekraft, die mittels Beatmungsbeutel eine " Besserung" erzielen möchte.
    1.ein massives überblähen der Lunge ist eigentlich nicht das Mittel der Wahl. Hier kann es zu massiver Schädigung des Lungengewebes kommen. Diese Überblähen wird meist nur im Zusammenhang mit Stacking oder eine Bronchiallavage durchgeführt, bei festsitzendem Sekret. Diese Stackingmassnahme ist nur in ganz besonderen Fällen nötig. Aber sicher nicht um bei normaler Sekretion, das SPO² anzuheben. Das würde ich so in meinem Verantwortungsbereich sofort untersagen.
    Eine Atelektaseprophylaxe erreicht man u.a. durch regelmäßige Mobilisation in den Rolli oder im Bett in "pilotierte Sitzstellung..dieses als erste prophylaktische Massnahme. Die für mich unabdingbare Massnahme bei Beatmungspatienten die intermittierend beatmet werden, ist jedoch der Anschluß an die Beatmungsmaschiene. Hier wird erstens eine Atelektasenprophylaxe betrieben und 2. der Klient bekommt die Atemarbeit "abgenommen"..und kann sich wieder erholen. Diese Massnahme führt meist dazu, das der SPO² Wert wieder ansteigt
    im Fall einer Alveolar / Bronchienspastik, wäre eine entsprechende Medikamentöse Unterstützung (Inhalation) erforderlich.
    Abschließend würde ich Dir empfehlen, eine Beatmungsüberprüfung bzw. einen generellen Check durchführen zu lassen. Wir gehen mit unserem Klienten 2x im Jahr in das Beatmungszentrum zur Gesamtüberprüfung. Hier können dann unter klinischen Bedingungen entsprechende Blutgasanalysen mit und ohne Beatmung durchgeführt werden und ggf. die Beatmungseinstellung angepasst werden.

    vielleicht konnte ich dir einige Anregungen geben.. Bei weiteren fragen melde dich einfach.
    LG Thomas


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