Wie kann ich die Zeit bis zu meiner Asperger-Diagnostik überbrücken?

Hallo!

Ich hab im Juli meinen Termin bei einem ATZ zur Diagnostik (Verdacht auf Asperger-Syndrom) und das ist noch so lange hin. Die Zeit erscheint mir endlos und ich werd von Tag zu Tag nervöser. Ich hab mir mittlerweile schon Listen erstellt mit meinen Problemen und Macken(und das sind eine ganze Menge), hab im Internet diverse Tests gemacht (auch was die Differentialdiagnosen angeht), einfach nur, um mir irgendwie die Zeit zu vertreiben. Ich hab immer noch fast drei Monate vor mir und dazu noch diese blöde Ungewissheit, was mich bei dem Termin erwarten wird. Ich leide momentan sehr schnell unter Overloads (Reizüberflutungen) und das macht mir unheimlich zu schaffen. Was kann ich nur tun, um diese Zeit sinnvoll zu nutzen und nicht vor lauter Nervosität durch zu drehen?

MfG
Träumerin

Antworten

  • Hallo Träumerin
    Ich finde das Ganze ein wenig seltsam
    Wie Du selbst schreibst läufst Du am Limit , bist aber doch noch so gut beisammen um das Ganze zu realisieren . Und nun sollst Du noch mehr als 2 Monate warten .
    Ich würde mich bei der Notfallpsychiatrie melden oder eventuell sogar selbst in eine Klinik einweisen .
  • Hallo colores!

    Erst mal vielen Dank für deine Antwort. Noch bin ich nicht am Limit und in eine Klinik brauch ich auch noch nicht.Ich will aber genau das verhindern, deswegen hab ich mich ja hier gemeldet. Ich hatte auch schon überlegt, zu einem Psychiater oder Psychologen zu gehen, aber da gibt es ein kleines Problem. Ich wohn auf einem Dorf und muss zum nächsten Psychiater (der nicht mal Ahnung von Asperger hat) 40km mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, was für mich als HartzIV-Empfängerin nicht grade billig ist (wären in etwa 40€). Gibt es da vielleicht Alternativen? Ich hab von so was leider nicht die geringste Ahnung, denn ich gehör zu denen, die sich bisher durchs Leben gemogelt haben und hatte bis vor knapp drei Jahren leider nicht die geringste Ahnung, dass es das Asperger-Syndrom überhaupt gibt. Ich hab immer alles mehr der weniger auf meine eigene Dummheit zurückgeführt und hab noch nie psychologische Hilfe in Anspruch genommen.

    MfG
    Träumerin
  • Hallo Träumerin,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Was kommt, das kommt 😉 Also mach dich wegen diesem Termin nicht so verrückt. Das Leben hat so viele schöne Sachen zu bieten, mit denen man sich die Zeit vertreiben kann.
    Gedanken kannst Du dir dann machen, wenn Du eine Aussage hast. 😉
  • Hallo Justin!

    Danke für dein Willkommen und deine Antwort. Leider ist das mit dem nicht verrückt machen nicht so einfach 😺 . Und Gedanken mach ich mir nun mal, denn ich bin mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein Aspie (nach fast drei Jahren intensiver Beschäftigung mit AS und den Differentialdiagnosen steht es für mich zu 95% fest).

    Ich will ja auch irgendwie wissen, was mich nach der Diagnose erwartet und wie es dann weitergeht. Da sind soviele Fragen (Welchen GdB bekomme ich dann? Steht mir ein SBA zu? Soll ich den dann überhaupt beantragen? Und vor allem: Wie geht es dann beruflich weiter?), die mir jetzt aber auch niemand beantworten kann. Fragen über Fragen und die krieg ich halt nicht so einfach aus dem Kopf. Sie kreisen in einer Endlosschleife durch meinen Kopf und ich hab Mühe, mich mal für kurze Zeit abzulenken.

    Vor allem die ständigen Overloads machen mir doch sehr zu schaffen. Ich hab Angst, dass das noch schlimmer werden könnte (zumal Overloads bei mir schnell in Meltdowns enden, was für mein Umfeld natürlich nicht so schön ist). Meine Mutter hat da zum Glück Verständnis und weiß auch vom Verdacht auf Asperger, aber meine Oma (84) weiß das nicht. Sie soll das auch erst mal nicht wissen, denn sie würde sich sonst nur Gedanken machen und ich finde, sie hat in den letzten Jahren schon genug durchgemacht. Es ist halt im Ganzen eine ziemlich vertrackte Situation, was natürlich auch dafür sorgt, dass ich mir vielleicht mehr Gedanken mache, als nötig sind. Leider weiß ich halt nicht, wie ich das abstellen kann. Ich fühl mich irgendwie hilflos und das frustriert mich und ich weiß nicht, was ich tun soll.

    Sorry für den langen Post, aber ich weiß halt manchmal nicht, wie ich meine Gefühle und Gedanken in Worte fassen kann.

    MfG
    Träumerin
  • Hallöchen Träumerin,

    es ist sicherlich die beste Idee, sich in der Tat nicht zu sehr reinzusteigern.
    Aber du hast recht: Einfach ist das nicht.

    Zuerst einmal: Diese Diagnose wird mithilfe von Fragen und Tests gestellt- da kannst du nicht viel beeinflussen; also ist es gar nicht sinnvoll, alle möglichen Selbsttests im Netz zu machen.

    Du kannst versuchen, gelassen zu bleiben: beginne damit, dass du deinen Tag strukturierst.
    Baue täglich eine Möglichkeit ein, an die frische Luft zu kommen (das macht müde und entspannt).
    Bemühe dich, Dinge zu tun, die dir gut tun (z.B. Bücher lesen, Filme schauen, Musik hören oder selbst musizieren, was Schönes kochen), damit du dich an etwas freuen kannst.

    Overloads sind bei Aspies immer mal wieder dran.
    Deshalb: Ruhezeiten einbauen, nicht zu viel auf einmal vornehmen.

    Meltdowns kann man nicht immer vermeiden, aber die Häufigkeit reduzieren und Techniken entwickeln, wie sie "schoneneder" ablaufen.
    Wir haben eine erkläckliche Zahl an "Wutbällen" zu Hause rumliegen- das sind so Knautschbälle, die man kneten und werfen kann und die keinem wehtun.
    Meine Tochter hat so einen zum Beispiel in der Schule dabei und ich muss gestehen, mich laden die Dinger auch ein, meinen Frust an ihnen auszulassen (obwohl ich KEIN Aspie bin).

    Mach dir bewusst: Asperger ist nur eine Diagnose, eine Bezeichnung.
    Wenn du Aspie sein solltest, kannst du Angebote bekommen, wie du mit deiner persönlichen Situation besser umgehen kannst.
    Selbsthilfegruppen sind SEHR zu empfehlen, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie erleichternd es sein kann, festzustellen, dass man nicht der einzige Mensch ist, der "so" tickt.

    Besorg dir das Buch "Schattenspringer" von Daniela Schreiter- oder lass es dir schenken.
    Wenn du dich darin wiederfindest, gib es deiner Oma. Auch mit über 80 kann man das noch gut anschauen und verstehen.

    Also: Mach langsam, strukturiere deinen Tag, sei nett zu dir und anderen.
    Asperger ist nichts Schlimmes; meine Tochter hat es auch und wir sind ein absolutes Dream-Team! 😎
  • Hallo solitär!

    Lieben Dank für deine Antwort. Du hast mir damit schon ein Stück weiter geholfen. 😀

    Die Tests im Internet habe ich ganz am Anfang gemacht, nur um mal zu sehen, ob AS überhaupt die richtige Richtung ist.

    Strukturiert ist mein Tag schon, ohne feste Struktur geht das bei mir gar nicht. Ich meditiere normalerweise, aber momentan hilft das immer nur kurzfristig. Einen deiner Tipps habe ich heute aber schon umgesetzt. Ich war an der frischen Luft und hab meinen Garten aufgeräumt und das hat mir wirklich gut getan. Ich hoffe, das Wetter bleibt gut und ich kann die nächsten Tage auch in den Garten. Mir fällt übrigens grad auf, dass ich schon lange nicht mehr gemalt habe. Vielleicht sollte ich damit mal wieder anfangen. Das hat mir sonst auch immer gut getan.

    Die Idee mit den Wutbällen hört sich auch gut an. Ich werd mal sehen, wo ich einen herbekomme. Hauptsache, ich benutze den auch, wenn ich einen Meltdown habe und schmeiss dann nicht wieder eine meiner Katzenfigur an die Wand. 😺

    Es macht mir übrigens nichts aus, wenn ich ein Aspie bin, denn dadurch ändere ich mich ja nicht, ich bleib immer noch ich selber. Es nimmt mir allerdings sehr viel selbstgemachten Druck. Ich hab dann endlich eine Erklärung, warum ich so bin, wie ich bin.

    Eine Selbsthilfegruppe gibt es hier leider nicht, da hab ich schon nach gesucht.

    Das Buch werde ich mir dann auch mal besorgen, das stand nämlich sowieso schon auf meiner Wunschliste (neben einem Dutzend anderer Bücher über AS).

    MfG
    Träumerin
  • Das freut mich, wenn ich dir weiterhelfen konnte.

    Es ist schade, wenn es keine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe gibt, denn der Austausch mit Betroffenen ist schon Gold wert.
    Wir haben hier eine Aspie-Mädchengruppe gefunden, was schon Seltenheitswert hat, denn weibliche Aspies sind nochmal eine Minderheit innerhalb der Minderheit.

    Vielleicht hast du auch schon ein Forum im Netz gefunden, wo du dich austauschen kannst- falls nicht, kann dir sicher meine Tochter noch Tipps geben; sie ist nur zurzeit gerade im Urlaub.

    Ansonsten hätte ich noch zwei Buchtipps:
    "Überraschend anders- Mädchen und Frauen mit Asperger" von Christine Preißmann
    und
    "Aspergirls" von Rudy Simone.

    Versuch erst mal, mit Ruhe und Gelassenheit und Dingen, die dir Freude machen, die Zeit bis zur Diagnose herumzukriegen- und wenn dann die Diagnose "Asperger" feststehen sollte- was spräche dann dagegen, in der örtlichen Presse zu inserieren und eine Selbsthilfegruppe oder einen Stammtisch selbst ins Leben zu rufen?
    (Nur mal so als Idee... 😀 )

    Wenn du noch Fragen hast, kannst du mich gerne auch per PN anschreiben.

    Liebe Grüße und viel Erfolg!
    solitär

    ...übrigens: Ich finde das klasse, dass du schon im Garten gewerkelt hast und die Idee zum Malen hattest-
    da hilft auch, eine Liste zu machen mit Dingen, die dir Spaß machen.
    Die kann man immer erweitern und darauf zurückgreifen, wenn man schlecht drauf ist.
    Meistens findet man dann etwas, woran man schon länger nicht mehr gedacht hat und kann es wieder auffrischen.
  • Hallo solitär!

    Ich bin bereits in zwei Foren angemeldet, aber in dem einem ist nicht viel los und im anderen konnte mir bei meiner Frage auch keiner wirklich weiterhelfen. Die meinen immer nur, ich solle mich doch freuen, dass ich so eine kurze Wartezeit hab (manche haben da Wartezeiten von einem Jahr, keine Ahnung, wie die so eine lange Wartezeit aushalten).

    Danke für die Buchtipps, beide Bücher stehen schon auf meiner Wunschliste. Schade nur, dass die meisten Bücher so teuer sind. Zum Glück kann man sie aber auch ausleihen. Wenn mir ein Buch dann sehr gut gefällt, kann ich es ja immer noch kaufen.

    Selber eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufen? Hört sich zwar gut an, aber das trau ich mir nun wirklich nicht zu.

    Ich hab hier den Thread "Angenehme Aktivitäten" gefunden, dort habe ich noch ein paar nette Anregungen gefunden, wie ich mir die lange Wartezeit etwas angenehmer machen und sie so verkürzen kann.

    Ich hab das schöne Wetter heute wieder genutzt und war fast den ganzen Tag im Garten. Jetzt bin ich hundemüde und kann hoffentlich auch gut schlafen.

    MfG
    Träumerin
  • Wir hatten eine Wartezeit von 5 Monaten und sie war nur deshalb nicht länger, weil zwei andere Wartende abgesprungen sind.
    Schön war das auch nicht, aber machbar.
    Und letztendlich hat man sich dann auch Zeit für uns genommen.

    Mir ist noch etwas eingefallen in Sachen "Wutanfälle":
    In einem unserer Türrahmen haben wir ein Türreck angebracht, an dem ein Boxsack hängt.
    Der hat uns auch schon gute Dienste geleistet... 😉
  • Hallo!

    Wollt mich nur mal kurz melden. Momentan geht's mir wieder etwas besser. Ich war viel im Garten und hab auch gemalt. Ich hab mir jetzt auch Bücher zum Thema Asperger-Syndrom ausgeliehen (unter Anderem das Buch "Schattenspringer") und werd mir die in aller Ruhe durchlesen. Ich setz das hier vorerst auf 80%, denn ich fürchte, ich werde mich bis zum Termin nochmal wieder hier melden. Ich hoffe, dass ist okay so.

    Liebe Grüße
    Träumerin
  • Hallo Träumerin
    Schön das es auch die guten Phasen gibt . Vertraue darauf und gehe es sachte an .
    DAS GRAS WÄCHST NICHT SCHNELLER WENN MAN DARAN ZIEHT
  • colores hat geschrieben:
    DAS GRAS WÄCHST NICHT SCHNELLER WENN MAN DARAN ZIEHT


    DIE Aussage gefällt mir nun ausnehmend gut- und sie ist so zutreffend! 😀
  • Moin, ich hab auch ein halbes Jahr gewartet, soviele Neuropsychologen die sich auf Asperger bei Erwachsenen spezialisiert haben gibts in Deutschland leider nicht. Ich hab 40jahre überlebt, da dachte ich mir krieg ich die paar Monate auch noch rum. Nach der Diagnose war es dann im Grunde wie vor der Diagnose, ich krieg meinen Ausweis irgendwann und das war's dann! Ändern wird sich dadurch nichts, der Hinternissparkour mit den Selbsternannten Teeküchen-Neuropsychologen geht weiter. Soll heißen, der immer währende Vergleich mit Asperger und Savant's den man immer und immer wieder erklären muss! Welch eine dumme ungebildete und Arrogante Gesellschaft! lol
    Mittlerweilen hab ich auch den Schlusstrich gezogen und in der Chiemgau Lebenshilfe als Mitarbeiter angeheuert, Probearbeit folgt, hab ein gutes Gefühl, ausserdem wollte ich schon immer mit Behinderten Menschen zusammen arbeiten, das is ein anderes Niveau als da draußen im Haifischbecken rum zu zappeln! lol
  • Hallo Träumerin,

    Träumerin hat geschrieben:
    (…)
    Ich setz das hier vorerst auf 80%, denn ich fürchte, ich werde mich bis zum Termin nochmal wieder hier melden. Ich hoffe, dass ist okay so.
    (…)


    Selbstverständlich. Du kannst dich jederzeit gern wieder melden. Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Hallo Träumerin,

    du hast schon viele gute Tipps erhalten.
    Es ist gut, wenn man sich vorbereitet.
    Ich würde Tests im Internet lassen. Sie bringen dich nur durcheinander.
    Versuche dich emotional vorzubereiten.
    Ich habe gelesen, du hast einen Garten. Das ist prima. Dort kann man so viel arbeiten, dass man abends müde ist. Das Wetter ist im Moment auch gut. Gehe an die frische Luft und wandere. Versuche dich zu entspannen. Jeder entspannt sich anders.

    Das Leben kann schön sein, dass ist es auch!
    Ein Sprichwort:
    "ES kommt immer anders wie man denkt".

    Ich erlebte es selbst. Ich bereitete mich auf ein spez. Arzttermin vor und es kam alles ganz anders.

    Mache dir bis dahin eine schöne Zeit und genieße sie.

    Ich wünsche dir alles Gute!

    LG, Emmerisch
  • Hallo Emmerisch!

    Im Garten bin ich momentan wirklich viel. Die Gartenarbeit tut mir gut. Sie lenkt mich ab und macht mich müde, wodurch ich auch recht gut schlafen kann.

    Die Tests haben mich nicht durcheinander gebracht, im Gegenteil. Sie gaben mir endlich eine Richtung vor. Ich hatte zum ersten mal überhaupt eine Ahnung, was mit mir los ist und warum ich so anders als "normale" Menschen bin. Ich hatte ja auch ein Gespräch mit einem Psychologen und der meinte auch, dass ich AS haben könnte. Es ist weniger so, dass ich Angst vor dem Termin an sich habe, sondern es ist schlicht und ergreifend die Ungewissheit, die Angst vor dem Unbekannten und vor Veränderung.

    Ja, ich weiß, ich mach mir viel zu viele Gedanken um Dinge, die momentan noch in weiter Ferne liegen, aber ich kann nun mal nicht anders. Ich habe mich mittlerweile übrigens in zwei Asperger-Foren angemeldet und dort fühlte ich mich von Anfang an wohl. Da waren plötzlich Menschen wie ich. Menschen, die wie ich anders ticken. Es war, als wäre ich endlich angekommen. Mir wurden da auch schon ein Teil meiner Fragen beantwortet (zumindest weiß ich jetzt im Groben, was mich erwartet) und das beruhigt auch schon ein bisschen.

    MfG
    Träumerin

    P.S.: Natürlich ist das Leben schön. Aber manchmal ist es auch verdammt anstrengend.
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