Pro und Contra für Sexualbegleitung für Menschen mit Handycap

Hallo,

ich möchte mich im Laufe diesen Jahres als Sexualbegleiterin/-beraterin/-berührerin selbständig machen. Ich möchte Menschen mit Handycap die Möglichkeit geben, sich selbst anzunehmen, zu berühren, sich berühren zu lassen. Sexualität ist ein Grundbedürfnis und wird leider noch viel zu oft in diesem Bereich tabuisiert. Doch auch Menschen mit Autismus, spastischen Lähmungen, Down-Syndrom uvm. haben Gefühle und dieses Grundbedürfnis nach Wärme, Zuneigung, Streicheleinheiten und Sex.

Ich weiß, das in Holland z.B. ein- bis zweimal pro Monat eine solche "Dienstleistung" von staatlicher Seite übernommen wird. Doch wie ist es hier in Deutschland? Der Bedarf ist sicherlich vorhanden, doch wie wird es finanziert? Durch Angehörige? Durch die Klienten selbst? Oder gar nicht? Wie wird in Pflegeheimen mit diesem Bedarf umgegangen?

Das sind ne Menge Fragen und ich würde mich freuen, ein paar Antworten von Betroffenen zu bekommen.

LG
Kerstin

Antworten

  • Hallo DieKerstin,

    zunächst einmal herzlich willkommen in der Community! Schön, dass Du MyHandicap gefunden hast 😀
    Eine Übersicht, wie das bei uns funktioniert, bietet dieses kurze Video (selbstverständlich auch mit Untertiteln): http://www.myhandicap.de/guided-tour.html

    Die Kosten für solche Dienstleistungen werden in Deutschland nicht übernommen, sondern müssen von den Kunden oder deren Angehörigen selbst getragen werden.

    Wie solche Dienstleistungen in Pflegeheimen gehandhabt werden ist höchst unterschiedlich.

    Meine Antwort war hoffentlich ein klein wenig hilfreich für Dich.

    Bei weiteren Fragen wende Dich gern jederzeit wieder an die Community, meine Kollegen oder mich. Wir alle hier freuen uns, wenn wir helfen dürfen 😀
  • Hi,

    ich bin sicher nicht repräsentativ für diese Fragen, aber ich empfehle der Fragestellerin sich über das Autismusspektrum genauer zu informieren. Schon die Frage, wie das hier in D finanziert wird, halte ich für seltsam... das ist am einfachsten zu klären und deswegen habe ich jetzt schon Zweifel an einem geeigneten "Businessplan".

    Jeder hat irgendein anderes Grundbedürfnis und es findet sich immer jemanden, der das deckt, v.a. wenn er/sie Geld dafür bekommt.

    Mein Grundbedürfnis ist, alleine zu sein und auf keinen Fall von einer unbekannten Person (heißt, die ich nicht täglich über Jahre sehe) angefasst zu werden. Handschlag ist seit langem allerdings ok, weil sozial zwingend notwendig, und von der Familie akzeptiere ich zumindest zu Feiertagen eine Umarmung, weil die das brauchen. Alles darüber hinaus ist purer Stress.

    Peter.
  • asp_peter hat geschrieben:
    Hi,

    ich bin sicher nicht repräsentativ für diese Fragen, aber ich empfehle der Fragestellerin sich über das Autismusspektrum genauer zu informieren. Schon die Frage, wie das hier in D finanziert wird, halte ich für seltsam... das ist am einfachsten zu klären und deswegen habe ich jetzt schon Zweifel an einem geeigneten "Businessplan".

    Jeder hat irgendein anderes Grundbedürfnis und es findet sich immer jemanden, der das deckt, v.a. wenn er/sie Geld dafür bekommt.

    Mein Grundbedürfnis ist, alleine zu sein und auf keinen Fall von einer unbekannten Person (heißt, die ich nicht täglich über Jahre sehe) angefasst zu werden. Handschlag ist seit langem allerdings ok, weil sozial zwingend notwendig, und von der Familie akzeptiere ich zumindest zu Feiertagen eine Umarmung, weil die das brauchen. Alles darüber hinaus ist purer Stress.

    Peter.


    Hi Peter,

    das ist Beides nicht relevant. Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema, wer was finanziert und was nicht. Es ist relativ leicht herauszufinden, ob eine bestimmte Sache finanziert wird, es ist fast unmöglich herauszufinden, ob eine bestimmte Sache nicht doch von einer bestimmten Stelle finanziert wird, die sagen nämlich aus Prinzip immer nein. Es ist z.B. nicht einzusehen, warum Sexualbegleitung nicht Teil der Leistungen zur Teilhabe an der Gesellschaft sein sollten. Sex wäre für mich wichtiger als ein Auto oder ein Theaterbesuch.

    Zur zweiten Frage: Ich bin zwar kein Experte für Sexualbegleitung, aber ich vermute mal, die hüpfen nicht bei erster Gelegenheit ins Bett. In der Regel dürfte es um eine Heranführung an Sexualität gehen. Menschen aus dem autistischen Spektrum, die das nicht möchten, werden sich wohl nicht an eine Sexualberatung wenden und niemand ist gezwungen, das zu tun. Also, bitte mal einen Gan runterschalten.

    HTH cajuns
  • Liebe Kerstin

    Ich bin grundsätzlich für ein solches Angebot. Jedoch eine Behindertenorganisation in der Schweiz hat solch eine Dienstleistung vor Jahren aufbauen wollen. Dann sprangen die Spenderinnen und Spender ab. Da haben sie die Kampagne eingestellt. Es wird sicherlich nicht einfach in die Selbstständigkeit mit solch einem Angebot zu gelangen. Ich nehme an, dass das Bedürfnis für Menschen da ist. Doch das Grundbedürfnis des Lebenshaushalts und der Gesundheit werden immer schwerer finanzierbar. Da wird sicherlich eine Finanzierbarkeit einer solchen Dienstleistung noch komplexer und aufwendiger.
    Kannst du dir diesen Marketingaufwand und Überzeugungsaufwand realistisch ohne finanzielle Mittel vorstellen?

    Schön wäre ein solches Angebot

    Freundliche Grüsse

    fuenf


  • ...Es ist z.B. nicht einzusehen, warum Sexualbegleitung nicht Teil der Leistungen zur Teilhabe an der Gesellschaft sein sollten. Sex wäre für mich wichtiger als ein Auto oder ein Theaterbesuch.

    ...die hüpfen nicht bei erster Gelegenheit ins Bett. In der Regel dürfte es um eine Heranführung an Sexualität gehen. ...


    Sorry, ich krieg das mit dem "zitieren" nicht so hin *rotwerd*

    Ja, auch mir liegt vorwiegend die Heranführung am Herzen. Ich denke einfach, das Menschen mit Handicap zu schnell als asexuell abgestempelt werden und auch entsprechend behandelt werden.

    Und genauso wie es mir gut tut, umarmt und gestreichelt zu werden, tut es anderen Menschen - egal, ob mit Handicap oder ohne - auch gut. Nur das es letzteren durch Barrieren, Unverständnis und Tabuisierung immens erschwert wird. Nur als Beispiel: Der freundliche und kerngesunde Herr von neben an setzt sich in sein Auto und fährt ins nächste Bordell. Oder wenn gut betucht, dann wird ein Escortservice bestellt...

    Und nein, es ist nicht leicht heraus zu finden, wie entsprechende Dienste nun finanziert werden. Dies ist aber ein wichtiger Bestandteil eines Bussinessplans und Voraussetzung für einen Einstieg in eine Selbständigkeit als Sexualbegleiterin. Denn, ja, auch ich muss am Ende davon leben können.

    Doch auch gerade, was Aufklärung angeht, oder sich selbst fühlen und wahrnehmen können - für Menschen, denen das essentiell fehlt - finde ich wichtig. Nicht zuletzt im Bereich der Integration und des Verstehens. Nicht zu reden von unseren Gesetzen der Gleichbehandlung: Alle sind gleich, nur manche eben gleicher (Ironie aus).

    LG
    Kerstin
  • Hallo Kerstin,

    das klingt schon alles sehr "businessorientiert".

    Mir fehlt in Deiner Vorstellung warum Du Dich als befähigt empfindest.

    Welche Ausbildung /Lebenserfahrung hast Du?

    Nicht jeder kann das, und nicht lang.. .

    Physio hat auch seine Berührungspunkte, wenn es gut und professionell gemacht wird.

    Ein liebevoller und dem Nächsten zugewandter Mensch denkt dabei vielleicht oder bestimmt nicht zuerst über Gewinn nach.

    Grüße, Kathrin49
  • Hallo

    Vielleicht hilft diese Seite weiter: http://www.sexualbegleitung.com/faq_sexualbegleitung.html

    Freundliche Grüsse

    fuenf
  • Hallo Kerstin,

    das Thema Sexualbegleitung ist mir nicht fremd. ich leite einen Intensivpflegedienst.
    Somit wurden wir im Rahmen unseres Betreuungsauftrages mit dem Thema konfrontiert ( Im Auftrag unserer männlichen klienten.

    Ich kann dir sagen, dass es mit sicherheit ein guter Plan ist von dir. Kann dir aber auch sagen (nach Gesprächen mit Sexualbegkeiterinnen), dass Du davon als alleinige "Einnahmequelle" deinen Lebensunterhalt sicher nicht finanzieren kannst. So die Aussagen deiner Kolleginnen (sollte es soweit kommen).

    Auf jeden Fall, solltest du die Chance nutzen, dich weiter zu informieren.
    Herr Sandfort, wäre da siher die geeignete Person.
    http://www.isbbtrebel.de/ausbildung-in-sexualbegleitung/

    LG Thomas
  • Wo kommst Du her, DieKerstin ?

    Ich hätte jetzt auch gerne Sexualbegleitung aus Duisburg genommen aber 200 Euro habe ich leider nicht und hinfahren ist zu schwierig für mich...
    Ich glaube, wenn man wie in Holland es finanziert bekommen würde, hätte ich weniger Depression und die Krankenkasse hätte viel Geld bei mir gespart (...).

    Ich suche aber eher für Massagen, kuscheln und Umarmungen aber wo ich auf dauer jemand hätte wegen Ängste / vertrauen aber leider finde ich hier in Köln nichts
  • im Krankenhaus wegen Depression, hat jetzt mit Thema nichts zu tun aber wäre schön gewesen, wenn Pflegekraft mal kurz Hand fest hält oder Rücken streichelt aber das heisst schon Distanz Bruch aber bei Suizidgedanken / Depression braucht man das, statt Beruhigungs und Depression Mitteln vollstopfen und für Nacht einsam auf geschlossene zu landen ( alleine im Zimmer) aber dank Handy mit Brieffreunde im Kontakt gewesen ) aber für mich war es schlimm und denke heut noch dran
  • Erstmal bedanke ich mich für alle bisherigen Antworten.

    Nun, warum fühle ich mich befähigt. So genau kann ich es gar nicht beschreiben. Meine eigene Sexualität hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und ich weiß, das ich derlei Berührungsängste nicht habe. Ich habe für mich herausgefunden, wie wichtig Streicheleinheiten sind und möchte diese einfach an bedürftige Menschen weiter geben. Klingt doof, kann es aber nicht anders erklären.

    Ich möchte neben der Sexualbegleitung auch Massagen und ähnliches anbieten. Außerdem werde ich vor dem eigentlichen Start ein Praktikum in einem Pflegeheim oder auch ambulant absolvieren, um auch das Handling mit diversen Behinderungen zu erlernen...

    Der Gedanke, davon reich zu werden ist absurd. Da es dann aber meine einzige Einkommensquelle ist, muss ich natürlich diese Leistung in Rechnung stellen. Von 200 € die Stunde kann da aber nicht die Rede sein - das ist utopisch. Zumal Thüringen nicht gerade zu den einkommensstärksten Ländern gehört, und ich lebe in der Nähe von Weimar, Jena, Erfurt...

    Auf jeden Fall seid Ihr und Eure Meinungen ein weiterer Schritt auf meinem Weg dorthin. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bevor ich offiziell meinen ersten Klienten empfangen kann - aber ich muss sagen, ich freue mich drauf. Ich freue mich auch sehr auf den Erfahrungsaustausch außerhalb des Internets, einfach mal Face to Face.

    LG
    Kerstin
  • Liebe Kerstin
    Wie wäre es zu Anfang als Hobby mit Deinem Vorhaben anzufangen. Viele möchten sich selbstständig machen oder träumten sogar von einem Konzern. Da es doch ein gewisses know-how braucht, sind doch kleine Schritte mehr?
    Persönlich erachte ich es, dass dieses Vorhaben schon Bedürfnis-Potenzial hat. Aber auch solche die berufliche Kompetenz mit Behinderten hatten, gaben aus diversen Gründen auf.
    In meinen Berufen kenne ich viele Kollegen, die diverse Firmen und Gesellschaften gegründet haben und mit etlichen Versuchen scheiterten. Sie träumen noch immer von einem grossen Konzern.
    Ich erwähnte schon, dass ein Behindertenverband in der Schweiz ein solches Angebot startete. Aber daran scheiterte, dass Spenderinnen und Spender absprangen. Sie nahmen nur qualifizierte Personen ins Programm. Du selber schreibst, dass es für dich ein persönliches Bedürfnis ist und du zuerst ein Praktikum machen willst. Viele die ein Businessplan nur zuerst in die Hand nehmen, setzen berufliche Qualifikation voraus.
    Wie möchtest du selber das Klientel beschaffen. Zum Beispiel beim Krankheitsbild Borderline, sind die Verhaltensweisen von himmelhochjauzend, bis extreme Isolation. Von einem halben Tag auf das andere. Wenn du noch nie mit Borderlinern zusammengearbeitet hast, dann kann es ganz schön in die Hose gehen.
    Zuerst würde ich auf diesem Gebiet eine Ausbildung machen oder dich genauer mit dem Bereich befassen. So wünschenswert dein Anliegen auch ist 😀
  • Ich habe leider das Problem neben das Geld auch mit Termin vereinbaren, weil ich doch starke Stimmungsschwankungen habe und kann offen aber auch zu sein zu anderen und wo die Zahl 200 Euro fiel, dachte ich wie lange ich dafür Nebenjob her arbeite.
    Aber kann Leben ohne zärtlchkeiten echt depressiv machen? Weil viele meinen ich war früher anders aber da waren Themen "wie Frauen oder Berührungen" mir egal
  • Hi Kerstin,
    meine Empfehlung für dich ist, dass du es anbietest weil du es möchtest, nicht wer es finanziert.
    Ich arbeite als Tantra Masseurin und seit Jahren mit Menschen mit Handicap und ich habe nach einer persönlich langen und schweren Zeit gelernt mich und andere so zu nehmen wie sie sind, die Qualitäten zu sehen, zu nutzen und die "Schatten" wahrzunehmen und bei meinen eigenen daran zu arbeiten...das ist noch nicht vorbei 😃 Jeder ist individuell und jeder hat seine eigenen Bedürfnisse Sexualität zu befriedigen. Der eine so der anderere so. Von Umarmung bis zu Schmerzen. Ich denke du bist am glücklichsten wenn du deine eigenen Bedürfnisse und Grenzen kennst und findest, verschiebst, flexibel bist oder auch nicht. Einfach du eben. Das ist auch immer eine Lebensaufgabe, aber das weißt du sicher selbst 😀 Dann wirst du genau das richtige machen und anbieten und auch die "richtigen" Menschen finden die auch dir in deiner Entwicklung helfen. Ich habe es nie so gesehen dass nur ich Menschen mit Handicap helfe und ihnen was gebe. Es war und ist immer ein Geben und Nehmen (und auch eine sehr persönliche Sache) Ob ich Termine bekomme mit Menschen mit Handicap (wir haben alle welche...also ja...werde ich 😀 weiß ich nicht. Ich fange jetzt erst an. Aber ich zweifle nicht mehr an der Richtigkeit meines Wegs, meiner Entscheidungen. Ich versuche es ohne Geld für Werbung momentan. Ich gehe meinen Weg der mir gefällt, so weit ich bis jetzt weiß was mir gefällt 😀.
    Personen in Wohnheimen oder WGs bekommen oft nicht soooo viel Taschengeld oder verdienen, wenn sie in einer Werkstatt arbeiten auch nicht immens. Hier kommen wenn dann meist die Eltern ins Spiel. Die finanziellen Möglichkeiten und Quellen sind so unterschiedlich wie die Menschen rein äußerlich sind. Im wesentlichen sind wir doch alle gleich. Frag Gott 😀 Aber das Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit haben wir sicher alle. Manche haben den Zugang zu diesem Bedürfnis verloren. Und ich kann ein Lied davon singen wie es ist nicht achtsam und liebevoll wahrgenommen und berührt zu werden und Ersatz zu suchen.
    Es geht um Liebe 😉
    Ich wünsch dir viel Freude und tolle Menschen bei deiner Liebes-Aufgabe 😀
    Anna
  • Ich weiss nicht ob ich verklemmt oder rückständig bin .
    Ich bin einfach Hin und Her gerissen . Einerseits sehe ich das körperlicher Kontakt zu den grundlegenden Bedürfnissen gehört
    Anderseits macht das Geld dann das ganze zur Handelsware . Gut ich habe auch schon als Masseur gearbeitet und es braucht dafür nicht nur Technik sondern auch Gefühl und doch muss ich diesem Gefühl eine Grenze setzen . Mein Klient darf nicht das gleiche bekommen wie meine Partnerin .
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