Kind akzeptiert eigene Behinderung nicht, was tun?

Hallo erstmal,
meine Tochter ist nun 6 Jahre und akzeptiert ihr eigenes Handicap nicht. Sie merkt zwar das sie motorisch nicht so fit ist wie andere, kann ja aber laufen, daher vermute ich, dass sie es daher nicht akzeptiert. Sie hat eine ataktische ICP und für weite Strecken hat sie einen Rolli. Sie hat keinerlei Probleme mit Menschen mit Handicap, im Gegenteil sie hat keinerlei berührungs Ängste. War auch aufgrund der Behinderung in einem besonderen Kindergarten. Aber sobald man erwähnt dass sie ein Handicap hat, rastet sie aus. Sie hat nichts, sie hat kein Handicap. Dabei weiß sie von mir das es nicht schlimm, dass ich sie trotzdem über alles liebe und Menschen mit Behinderung nicht schlechter sind. Im Gegenteil viele sind stärker als normale und meistern ihr Leben. Manche mit mehr, manche mit weniger / ohne Hilfe.
Aber sollte sie nicht langsam verstehen dass sie ein Handicap hat oder denkt ihr es ist zu viel verlangt?
lg Steffi

Antworten

  • hey steffi,
    ich verstehe nicht ganz um was es dir geht? deine tochter scheint doch ganz gut zurecht zu kommen, wie du schreibst, warum muß sie dann deiner meinung nach ihr handicap anerkennen?
    offenbar arrangiert sie sich ganz gut damit, darum muß sie sich doch nicht deinem willen beugen und ihr handicap anerkennen.
    immer wieder daran erinnern ist eine seltsame methode, ich denke mit 6 jahren merkt sie selber daß nicht alles so ist wie es sein sollte.
    lass sie gewähren, wenn sie sich mit dem handicap auseinander setzen möchte wird sie sich schon melden, da bin ich sicher, wenn nicht ist es auch gut.
    weniger ist manchmal mehr!
    biene
  • Hallo Steffi,
    gerade in dem Alter deiner Tochter ist die Situation wohl nicht ganz leicht:
    Bisher wurden Unterschiede in den Fähigkeiten ihr vielleicht noch nicht so deutlich. Es geht ja bei den Kleinen zunächst mal darum überhaupt herauszufinden, wie man mit anderen spielen kann etc. Dass jedes Kin irgendwie unterschiedlich und eigen ist, ist zunächst normal. Wenn die Kinder älter werden, werden Unterschiede in den Fähigkeiten deutlicher, die Kinder vergleichen sich untereinander mehr und erleben Anerkennung für Dinge die gut gelingen und entsprechende Rückmeldungen, wenn sie etwas nicht so gut können wie Freunde oder Klassenkameraden. Das ist ein normaler Prozess, in dem das Kind mehr oder weniger erfolgreich seine Individualität, Selbstwertgefühl und Vertrauen in den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten entwickelt. (Der übrigens bis zur Pubertät dauern kann...) Um das als Elternteil zu unterstützen würde ich eher versuchen beide Seiten der Medaille darzustellen: also sowas wie: du kannst toll tanzen, singen etc, aber noch nicht so schnell wie andere laufen. Dein Freund kann toll laufen, aber noch nicht so gut singen wie du. Damit hilft man dem Kind ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass es unterschiedliche Fähigkeiten gibt und jeder verschiedene Sachen verschieden gut kann -es also auch normal ist, Dinge nicht so gut zu können.
    Das erhält das Selbstwertgefühl.
    Toll finde ich, dass du darauf achtest, ihr deutlich zu machen, dass du sie liebst, wie sie ist! Auch für andere Menschen wichtig zu sein ist eine wichtige Erfahrung die Kinder erst verinnerlichen müssen.
    Aus eigener Erfahrung würde ich übrigens auch sagen, dass ich trotz meiner Behinderung kein Problem habe... 😉 Mein Körper und meine Bewegungen fühlten sich schon immer so an und für mich ist das normal, so wie für jemanden ohne eine solche Einschränkung seine Bewegungsabläufe und sein Tempo normal sind (das sind sie dann für mich nicht...). Und niemand lässt sich gern sagen, dass mit ihm was nicht stimmt, oder? Würde nicht jeder ein bisschen so reagieren wie deine Tochter und sich dagegen verwahren? Sie scheint da ja eine gute Portion Eigensinn zu haben- das ist auf jeden Fall eine gute Eigenschaft, wenn man mit besonderen Herausforderungen zurecht kommen muss... 😀
    Ich wünsche euch, dass ihr gemeinsam in Ruhe entdeckt was alles wie möglich ist und was vielleicht auch nur auf Umwegen oder gar nicht.
    Herzlich
    das Meerschneckchen
  • Hallo,

    vielleicht erzähle ich einfach mal, wie das bei mir war bzw. ist. Hilft vielleicht ein bisschen besser, als ein "kluger" Ratschlag.

    Ich habe ebenfalls ICP in leichter Ausprägung (spastische Diplegie mit rechter Hemikomponente mit hypertonen Muskeltonus; auf deutsch: bei mir siehts aus, als hätte ich mir den rechten Fuß verknackst, kann normal und ohne Hilfsmittel laufen).

    Die Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung begann bei mir relativ früh. So mit ca. 4 Jahren merkte ich, dass ich einfach nicht so schnell rennen kann wie der Rest. Damit bin ich dann zu meiner Mutter, mit der direkten Frage: "Mama, warum kann ich nicht so schnell rennen wie die Anderen". Zu diesem Zeitpunkt wurde mir das als "fester Muskel" erklärt, der einfach nicht so reagiert wie ein normaler Muskel. Das war für mich dann in Ordnung.
    Natürlich wurde ich älter und habe auch gemerkt: Hm, als Kiddie, das einfach nicht so gut klettern und toben kann (plus eher stillem Wesen), ist man nicht gerade sehr begehrt bei den Gleichaltrigen. Ich war nicht in einem integrativen oder Förderkindergarten.
    Für mich selbst war der Zustand eigentlich "normal". Ich kannte/kenne es ja nicht anders. Und die Phase "Nein, da ist nichts" kenne ich auch. Dient auch ein bisschen dem Selbstschutz, denke ich. Man will halt auch einfach ein "normales" Kind sein.
    In der Schule selbst hatte ich Freunde, die mich akzeptierten und Kinder, die mich ärgerten. Mal mehr, mal weniger.
    Akzeptiert habe ich meine Behinderung bis heute nicht! Angenommen als Teil von mir schon. Sie gehört einfach dazu, ich verstecke sie nicht mehr.
    Das war auch mal anders, ich sage nur Pubertät... .

    Ich denke, wenn Sie Ihre Tochter so nehmen, wie sie ist, dann hat sie eine Anlaufstelle, falls Sie mal Fragen oder Probleme hat. Irgendwann kommt vielleicht auch mal die Zeit, wo sie sich mit den Gründen/Ursachen der Behinderung auseinandersetzt. Diesen Zeitpunkt sollte aber sie entscheiden.

    Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein bisschen helfen.
  • Danke für die Antworten. Es ist halt auch so Samstag war ihre Einschulung, sie geht auf eine körperbehinderten Schule, allerdings Außenklasse an einer normalen Schule. Da wurde natürlich erwähnt, dass ihre Klasse die für körperbehinderte ist. Daher ist es für sie halt mit der Erwähnung nicht mehr so toll gewesen. Allerdings heute (erster richtiger Schultag) fand sie es doch ganz toll dort. Wird natürlich jetzt aber dort immer damit konfrontiert.
    lg Steffi
  • Hallo Steffi,

    erst einmal herzlich Willkommen hier im Forum!

    Jede Mutter möchte nur das Beste für ihr Kind, stimmt's! Wenn man deine Zeilen liest, spürt man Sorgen, Angst und Not.

    Es gibt Kinder die mit 4 Jahren ihre Behinderung annehmen, es ist ein Teil des "Ich's".
    Dann gibt es Kinder, die davon nichts wissen wollen. Die keine Berührungsängste damit haben. "Aber ich, nein!"
    Liebe Steffi, lasse deine Tochter mit ihrer Behinderung leben! Wenn sie vielleicht dazu sagt, "das ist ja nur das ...", dann ist das so. Eines Tages kommt sie von allein zu dir und wird fragen: "Mama warum kann ich nicht" und mehr.
    Warum? Weil du sie so tolerierst wie sie ist. Eines Tages wird sie ihre Behinderung bemerken und du bist die 1. Anlaufstelle. Denn du bist "die Mama die mich immer so gesehen hat."
    Rede deiner Tochter nicht etwas ein, (obwohl es da ist!), was sie im Moment nicht hören und erfassen möchte bzw. will.
    Zeige ihr, dass du sie so annimmst wie sie momentan ist. Wenn sie in deinen Armen weinen möchte, lass sie weinen. Erst wenn sie reden möchte, höre zu und gib ihr dann die Antwort. Lasse dein Kind einfach Kind sein.

    Bitte betrachte diese Zeilen nicht falsch! Du bist eine Mutter, die sich große und starke Gedanken macht. Aus deinen Zeilen liest man, wie du deine Tochter liebst!
    Sei du einfach nur die "Mama".

    Lasse wieder etwas von dir hören. Es kann sein, dass sie jetzt sogar mit Fragen kommt. Der Grund ist die Schule. Ein Kind hat heute die und morgen wieder ganz andere Gedanken.

    Alles Gute! Lg, Emmerisch
  • Danke für die Antworten nochmals, ich denke ihr habt recht ich sollte warten bis sie mich fragt. Es ist nur leider momentan oft so das ich in ihrer Gegenwart erwähnen muss, dass sie eine Körperbehinderung hat oder diese von Ärzten erwähnt wird. Darauf hin kommt halt von ihr dieser "Ausraster".
    lg Steffi