Strategie für erfolgreiches Jobfinden

Hallo liebes Forum,

ich bin zu der Auffassung gekommen, dass das bewerben auf Stellenangebote, kein sehr zielorientierter Weg ist. In meinem Fall, gibt es einfach viel zu viele Mitbewerber. ich habe herausgefunden, dass ich zwar immer ziemlich weit komme. Selten wurden meine Unterlagen sofort wieder zurückgeschickt. Allerdings habe ich bisher noch nie meine Behinderung in den Unterlagen erwähnt, außer bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst.

Ich möchte mich nun initiativ bewerben, bei Unternehmen, die zwar gerne Menschen mit besonderen Bedürfnissen (sprich Behinderung)einstellen würden, aber keine finden 😉 .

1. Frage: Wie kriege ich raus, welche Unternehmen hier keine Vorurteile haben, gibt es sonstige Plattformen oder Foren?

2. Ich möchte ganz offen und klar kommunizieren, was meine Behinderung betrifft. wie würdet Ihr damit in einer Bewerbung umgehen?
Freu mich auf Eure Antworten.

Viele Grüße

Tina

Antworten

  • Hallo Tina,

    herzlich willkommen im MyHandicap-Forum.

    Dein Ansatz klingt wirklich vielversprechend und ich hoffe, er führt dich zum Erfolg.

    Zu deiner 1. Frage:
    Wir haben auf MyHandicap.de bereits einige Unternehmen vorgestellt, welche wir als Vorzeigeunternehmen sehen. Diese kannst du dir gerne hier ansehen:
    http://www.myhandicap.de/de-vorbildliche-unternehmen.html

    Zur Frage 2:
    Zu diesem Thema haben wir eine Artikelreihe "Erfolgreich bewerben mit Behinderung" hier veröffentlicht: http://www.myhandicap.de/bewerben-mit-behinderung.html
    Dort findest du bestimmt die ersten Antworten auf deine Fragen.

    Nun bin ich gespannt, was die User zu deiner Strategie noch beitragen und welche Tipps sie für dich haben.

    Schöne Grüße, Steffen
  • Peacounter hat geschrieben:
    Hallo liebes Forum,

    ich bin zu der Auffassung gekommen, dass das bewerben auf Stellenangebote, kein sehr zielorientierter Weg ist. In meinem Fall, gibt es einfach viel zu viele Mitbewerber. ich habe herausgefunden, dass ich zwar immer ziemlich weit komme. Selten wurden meine Unterlagen sofort wieder zurückgeschickt. Allerdings habe ich bisher noch nie meine Behinderung in den Unterlagen erwähnt, außer bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst.

    Ich möchte mich nun initiativ bewerben, bei Unternehmen, die zwar gerne Menschen mit besonderen Bedürfnissen (sprich Behinderung)einstellen würden, aber keine finden 😉 .

    1. Frage: Wie kriege ich raus, welche Unternehmen hier keine Vorurteile haben, gibt es sonstige Plattformen oder Foren?

    2. Ich möchte ganz offen und klar kommunizieren, was meine Behinderung betrifft. wie würdet Ihr damit in einer Bewerbung umgehen?
    Freu mich auf Eure Antworten.

    Viele Grüße

    Tina


    Hi Tina,

    es gibt einen Preis für inklusive Unternehmen, der heißt glaube ich Unternehmen inklusiv oder so. Schau dir die Gewinner an. Dann sind große Unternehmen fast immer für das Thema sensibilisiert aus dem einfachen Grund, sie haben eine große Personalabteilung und Leute, die sich auf Diversity und Ähnliches spezialisiert haben.

    Zur Präsentation der Behinderung, das hängt ein wenig von deiner Behinderung ab. Ich würde es ehrlich gesagt gar nicht thematisieren, wenn ich die Wahl hätte, aber das ist natürlich deine Entscheidung. Allgemein wird empfohlen, die Behinderung kurz am Ende des Anschreibens zu erwähnen, damit die nicht denken, dass du deine Behinderung ausnutzen möchtest. Aus dem Anschreiben sollte klar sein, dass deine Behinderung sich nicht auf die Qualität deiner Arbeit oder deine Arbeitsfähigkeit auswirkt. Du kannst auf einer weiteren Seite - der berühmten Seite 3 nach Anschreiben und Lebenslauf - kurz beschreiben, was für eine Behinderung du hast, wie sie sich auf dich auswirkt und warum du trotzdem die perfekte Mitarbeiterin bist.

    HTH und viel Erfolg

    cajuns
  • Hallo Tina,

    sehr offene ausführliche Beschreibungen der Lebenssituation können einerseits zwar Arbeitgeber motivieren es mal mit einem zu versuchen. Andererseits kann sowas aber auch als Abschreckung für Arbeitgeber aufgefasst werden. Daher solltest du so etwas je nach Lage "mit dem Amt Besprechen". So erging es mir, als ich vor Jahren in "meinen Arbeitsgesuchen" im Handwerksbereich in verschiedenen Protalen sehr offen schilderte, worduch und wie ich in meiner Verfügbarkeit eingeschränkt bin. Dabei ging es "nur" um Einschränkungen in der Arbeitszeit. Je nach Entfernung zur Wohnung von 8 zischen und 9 bis zwischen 14 u. 15. 30, und das ggf. die Arbeiten abends weiter gemacht werden könnten. Das wurde eher als abschreckende Pflichtarbeitssuche, als ernstgemeintes Angebot aufgefasst.

    Was besser ankam waren spontane Anrufe und Besuche bei Betrieben, die zu kurzen Gesprächen, und manchal kurzen Beschäftigungen führten. Kurze Beschäftigungern, weil es meist bei den Kolegen nicht gut ankommt, wenn man als letzter kommt, und ohne Rücksicht auf die Situation als erster wieder gehen muß.

    Daher würde ich eher auf einfache, aber augenfälligen Anzeigen in entspr. Tagesblättern setzen. Hier sucht z. B. jemand eine Tagespflegekraft mit einer Anzeige in Form eines Steckbrief... Wanted.... jemand mit Spaß an pflege und co. .

    😀 Helmut
  • Hallo Zusammen,

    es ist ein schwieriges Thema, wie gehe ich mit der Tatsache um, dass eine Behinderung vorliegt. Was müssen die Leute über mich wissen, damit keine fehlgeleiteten Vermutungen entstehen und auf der anderen Seite wenn Sie zu viel Informationen erhalten, kann das ebenfalls zu einer nicht erwünschten Situation führen.

    Oder spielt es gar keine Rolle? Habe ich da die Schere im Kopf?

    Viele Grüße

    Tina


  • Hallo Tina!

    Es ist schwer, dir zu helfen, wenn du nicht mal in einem Forum wie diesem, wo wir alle in einem Boot sitzen, deine Behinderungsart erwähnst oder ins Profil stellst und auch deinen erlernten Beruf nicht nennst. Du schreibst, es gibt zu viele Bewerber, das klingt nach Bürokauffrau o.ä.

    Ich habe im Thread "Schaffe es nicht, eine Arbeit zu finden" kürzlich auf deine Antwort geantwortet, evtl. hilft es dir etwas weiter.

    Ich würde die Behinderung immer erwähnen, du hast dadurch Anspruch auf Zusatzurlaub und erhöhten Kündigungsschutz, den du nicht hast, wenn du sie verschweigst. Wenn du dann plötzlich mit Rolli vor einem Treppeneingang stehst und nicht erfragt hast, ob es stufenlose Nebeneingänge gibt, ist das kein guter Start. In meinem Fall bei Epilepsie wissen alle direkten Kollegen Bescheid, was sehr beruhigend ist. Ich bin kürzlich deshalb mehrere Wochen ausgefallen wegen Tablettenwechsel, da war es gut, nicht um den heißen Brei herumreden zu müssen. Deshalb sind größere oder große Betriebe besser als kleinere oder der Bäcker in Familienhand um die Ecke.


    Viel Glück, Katrin
  • Hallo Katrin,

    ich bin Diplom Betriebswirtin und habe seit 10 Jahren ein Ataxie aufgrund eines Gendefektes.
    Ich habe sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht, darüber mit Kollegen oder Vorgesetzten zu reden. Ich habe Mobbing und Ausgrenzung erfahren. Das darf sich auf keinen Fall wiederholen.

    Wenn ich die Expertenmeinung und die anderen Erfahrungsberichte lese, habe ich den Eindruck, es ist in der Tat nicht schlau, umfassend zu Informieren. Es handelt sich um den Arbeitgeber und nicht um den Therapeut.

    Ich möchte als Person akzeptiert werden. Die Krankheit ist ein Teil von mir. Das kann ich nicht wegdiskutieren. Aber sie macht mich nicht aus.

    Viele Grüße

    Tina




  • Hallo Tina,

    warum wurdest du gemobbt, wegen der Behinderung an sich oder weil sie aus einen Gendefekt resultiert? Klar macht dein Handicap dich als Person nicht aus und der Mensch sollte über der Behinderung wahrgenommen werden, die er / sie hat. Die Behinderung ist nachrangig zu deiner Arbeitskraft von Kollegen und Chefs wahrzunehmen, aber du solltest sie angeben, um Zusatzurlaub und verbesserten Kündigungsschutz zu erhalten.

    Die Gesellschaft an sich denkt meistens leider anders herum. Ein Beispiel von mir selbst, als ich Mitte der 90er Jahre meine Ausbildung machte:
    Es gab eine Art Schulbusverbindung, die über mehrere Dörfer in die Kreisstadt zur Berufsschule fuhr. Ich zeigte meinen SBA als Fahrkarte vor, laufe etwas auffälliger, bin aber in keinster Weise geistig eingeschränkt. Ich bekam doch ernsthaft vom Busfahrer die Frage gestellt, ob ich sicher sei, "dahin" zu wollen (Berufsschule), sagte "Ja" und setzte mich hin.

    Jeder Gendefekt ist anders, aber ich beschäftige mich mit der Materie, weil meine Tochter einen Gendefekt, eine Erbkrankheit väterlicherseits, hat, siehe Signatur. Ich gehe im Kollegen- und Abteilungsleiterkreis ganz offen damit um, sowohl mit meiner eigenen von Geburt an bestehenden Behinderung als auch mit der HSP meiner Tochter und erfahre aktuell gerade dort Unterstützung, wo es firmenrechtlich möglich ist. Sie hat eine OP gehabt Anfang Juni und soll jetzt Ende Juli nach Gipsabnahme zur Reha, um dort das richtige Laufen neu zu lernen. Die Rehabegleitung übernimmt der Vater, mein Ex, aber zu Aufnahmeterminen fahre ich mit und dann heißt der Tag eben nicht "Urlaub" sondern irgendwie anders, um mir zwar frei zu geben, aber nicht den Urlaub zu verbrauchen.

    Es kommt wohl auch auf die Firma an, wo man arbeitet. Mein Arbeitgeber, das BFW Hamburg, macht im Hauptgeschäft berufliche Rehamaßnahmen, alle haben täglich mit jeder Art von Behinderung oder Einschränkung zu tun, es ist ein anderes Verständnis, ein anderer Umgang als Grundeinstellung vorhanden als wenn du irgendwo in der freien Wirtschaft arbeitest.

    Gruß, Katrin
  • KatrinHH hat geschrieben:
    Hallo Tina,

    warum wurdest du gemobbt, wegen der Behinderung an sich oder weil sie aus einen Gendefekt resultiert? Klar macht dein Handicap dich als Person nicht aus und der Mensch sollte über der Behinderung wahrgenommen werden, die er / sie hat. Die Behinderung ist nachrangig zu deiner Arbeitskraft von Kollegen und Chefs wahrzunehmen, aber du solltest sie angeben, um Zusatzurlaub und verbesserten Kündigungsschutz zu erhalten.



    Hi,

    das macht IMO nur Sinn, wenn man den Zusatzurlaub tatsächlich braucht. Den Kündigungsschutz kann man auch noch nutzen, wenn tatsächlich eine Entlassung ansteht. Wenn du jemandem in der Privatwirtschaft mit Zusatz-Urlaub kommst, überlegt er sich drei Mal, ob er nicht jemanden einstellen soll, der "gesund" ist und Vollzeit arbeitet. Das ist zwar nicht schön, kann man aber nicht ändern.

    Es gibt denke ich nur zwei Strategien sinnvoll mit Behinderung umzugehen, wobei die eine nur funktioniert, wenn die Behinderung unsichtbar ist und keinen Einfluss auf die konkrete Tätigkeit hat. Man verschweigt sie oder man geht ganz offen damit um. Offen heißt, man redet darüber, wenn danach gefragt wird und ansonsten nicht. Ich z.B. bin blind und nach dem ich ne ganze Weile hier herumgelaufen bin interessiert das niemanden, im positiven Sinne.

    Mobbing kann jedem überall passieren, das hat nichts mit Behinderung zu tun, das kann euch in einer Behörde ebenso passieren wie in einem Privatunternehmen oder einem Seniorenheim. Aber ich denke, es gibt Stratgien, um selbstbewusst mit der eigenen Behinderung und gegen Mobbing vorzugehen.

    HTH Cajuns
  • Hallo Katrin,

    es war damals total spuky. Nach drei Jahren, in denen es mir wirklich nicht gut ging, gab es endlich eine Diagnose. Ich war während dieser Zeit nicht einen Tag krank. Ich war so happy, endlich konnte mir geholfen werden. Es ging mit jeden Tag besser. Ich hatte an verschiedenen Projekten mitgearbeitet, bei einem hatte ich die Leitung. Ich hatte mit meinem Chef ganz offen darüber gesprochen. Wahrscheinlich wollte man mir nur was gutes tun. Zunächst durfte ich 2 Tage in der Woche im Home Office arbeiten. Für meinen Chef und die Kollegen war ich dann im Urlaub.
    Ich wurde von allen Projekten abgezogen. Bei der Verteilung von Aufgaben wurde ich nicht berücksichtigt. Alle meine bestehenden Aufgaben wurden von Kollegen übernommen. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Auf meine Fragen, bekam ich nur pampige Kommentare. Als ich erklärte, ich möchte wieder jeden Tag in die Firma kommen, warf mein Chef mir Undank vor. Ich habe mich an den Betriebsrat gewandt. Die Dame ist zu drei Gesprächsterminen nicht erschienen (ohne Erklärung)....und so weiter...und so weiter.

    Wahrscheinlich waren alle überfordert. Ich habe je auch kein Seminar gemacht "wie verhalte die mich als Mensch mit Behinderung richtig"

    Ich bin leistungsfähig und leistungsbereit aber einige Dinge sind für mich schwierig.
    Ich möchte einfach nur sagen, dass ich eine Ataxie habe, medikamentös eingestellt bin und wenn Gang Bild nicht rund ist, liegt es verschiedenen Dingen aber ich trinke keinen Alkohol. Ich möchte kein Mitleid und keine Bewunderung.

    Na ja das Ende vom Lied war, dass ich die Firma (mit über 3.000 Mitarbeitern)verlassen habe. Ich habe mich selbständig gemacht. Ich war sehr erfolgreich. Nach dem 4. Jahr war das Pensum so hoch, dass ich händeringend Mitarbeiter gesucht habe, aber keine gefunden habe und deshalb habe ich mich entschlossen wieder festangestellt zu arbeiten für ein Unternehmen, das nachhaltig agiert und wo ich meiner Lieblingsarbeit nachgehen kann.

    Viele Grüße

    Tina



Diese Diskussion wurde geschlossen.