Fragen zur KOV-Rente sowie Krankenversicherung durch das Versorgungsamt

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Gattin ist am 15.04.2011 Opfer eines brutalen Mordversuches, in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie schwerer Körperverletzung geworden. Nach unzähligen Gutachten wurde ihr nunmehr und seitens des Nds. Landesamtes für Soziales ein Grad der Behinderung in Höhe von 80 % (GdB 80) zuerkannt, dies in Folge der gutachterlichen Einschätzung einer "PTBS". Demnach steht meiner Gattin eine monatliche Grundrente nach dem OEG in Höhe von 495,00 Euro zu; zunächst - und bis zur Nachprüfung - bis zum Juli 2016. Anträge auf Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich sowie Pflegezulage und Ehegattenzuschlag wurden bereits gestellt. Hierüber aber wurde noch nicht beschieden. Hiermit verbinden sich nunmehr folgende Fragen, für deren Beantwortung ich Ihnen bereits in meinem heutigen Mail sehr danke:

1. Sollte es zu einer positiven Bescheidung der Anträge auf "BSA" sowie Ausgleichsrente kommen, würde dies sodann - wie auch bei der Grundrente nach dem OEG -, dass es in beiden Fällen zu einer Nachzahlung käme?
2. Gegenwärtig ist meine Gattin bei der BKK MobilOil krankenversichert. Da der Bezug des bislang bezogenen Versorungskrankengeldes (gleichzusetzen mit dem Krankengeld eines Arbeitnehmers) jedoch zum 11.10.2012 ausläuft, verbindet sich hiermit auch die Frage, ob "man" bei der BKK weiterhin versichert sein kann, oder ob es notwendig ist, in eine andere GKV zu wechseln. Darüber hinaus besteht die Frage, ob sich das Landesamt für Soziales (kurz: Versorungsamt) an den Kosten der KV beteiligt?
3. Besteht das Recht, einen Schwerbeschädigtenausweis gemäß der Einstufung "GdB 80" zu beantragen, zumal meine Gattin seither - und in Folge der Gewalttat - in der Pflegestufe I befindlich ist?

Noch einmal bedanke ich mich für die Beantwortung meiner Fragen und verbleibe

mit herzlichen Grüßen

Dr. Armin (...)
für das Opfer

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Antworten

  • Hallo,
    ich beziehe als Verbrechensopfer selbst für die gesundheitlichen Folgen im Ausmaß einer Schwerbehinderung eine sog. Beschädigtenversorgung nach dem OEG.
    Mein Antrag auf Berufsschadensausgleich wurde vom Versorgungsamt ignoriert, sodass ich jetzt erst eine Prüfung erwirken konnte. Die Auskünfte, die ich von Rechtsberatungsstellen erhalte sind leider eher widersprüchlich, da selten Anträge auf Opferentschädigungsleistungen beantragt bzw. gewährt werden. Meines Wissens nach ist die Leistung rückwirkend zu zahlen, d. h. mindestens bis zum Zeitpunkt der Antragstellung. Ich informiere Sie gerne über den Ausgang meines Verfahrens.
    (Bitte senden Sie mir bei Interesse über diese Seite eine private Nachricht).

    Ich bin bei der gesetzlichen Krankenkasse versichert und zahle die Beiträge aus meinem Einkommen.Eine Kostenübernahme oder Versicherung direkt durch das Amt gibt es meines Wissens nach nicht. Überschneiden sich Leistungen der Kasse und des Amtes so sorgen die beiden Institutionen selbst für die Regulierung. Die Krankenkasse sollte über den Leistungsbezug nach dem OEG informiert werden.

    Praxisgebühren, Rezeptgebühren und Hilfsmittel sind für die Behandlung der Gewalterfahrung nicht zu zahlen. Hierzu habe ich einen Bescheid des Versorgungsamtes erhalten. Leider auch hier erst nachdem ich über Jahre gezahlt habe und das Amt selbst auf den Missstand und die widersprüchlichen Aussagen aufmerksam gemacht habe.
    Ob mir gezahlte Praxisgebühren etc. rückerstattet werden, ist offen.

    Ihre Frau kann einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis stellen. Die Feststellung der Schwerbehinderung ist nicht Angelegenheit des OEG und wird nicht automatisch mit einem Antrag auf OEG-Leistungen geprüft. Sie müssten einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung und Zuteilung eines Merkzeichens beim Versorgungsamt am Wohnort stellen. Beschleunigen lässt sich das Verfahren, wenn Sie eine Kopie des Bescheides zur Beschädigtenversorgung beifügen.
    Ein Nachteilsausgleich ist auch abhängig vom Merkzeichen. Welchen Ihre Frau hier zugeteilt bekommt, kann ich nicht sagen. Da Sie von Pflegestufe I berichten, sollte dies unbedingt mit in den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis. Informationen zu Merkzeichen, NAchteilsausgleich etc. finden Sie hier bei myhandicap. Ihre Frau hat mit einem Schwerbehindertenausweis die Rechte einer Schwerbehinderten. Das Merkzeichen VB kann zusätzlich auf dem Ausweis vermerkt werden und so über den Bezug von Versorgungsleistungen Auskunft geben.
    Von der Bahn habe ich ohne Schwerbehindertenausweis nach Vorlage des Bescheides nach dem OEG die ermäßigte Bahncard erhalten (analog zu Schwerebehinderten). Andere Stellen haben den Bescheid zu recht nicht als Ersatz für einen Schwerbehindertenausweis abgelehnt. Nachteilsausgleiche können nur mit Schwerbehindertenausweis gewährt werden.

    Sofern noch nicht geschehen, empfehle ich aufgrund meiner schlechten Erfahrungen mit dem Versorgungsamt und zur Sicherung möglicher Ansprüche folgenden Antrag zu stellen:
    Hiermit beantrage ich vorsorglich ALLE Leistungen, die mir als Opfer eines unverschuldeten erlittenen Gewaltverbrechens zustehen (könnten) und bitte um Prüfung der Leistungsansprüche entsprechend den Besonderheiten des Einzelfalls.

    Ihre Frau hat nach dem OEG Anspruch auf psychotherapeutische (Sofort-)Hilfe.

    Über das Bundesministerium gibt es die Bröschüre "Kriegsopferversorgung". Hier finden Sie Informationen über mögliche weitere Leistungsansprüche, z. B. Haushaltshilfe, Behandlung u.ä.

    Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
    Ihnen und Ihrer Frau weiterhin viel Kraft.

  • Auf diesem Wege darf ich mich sehr, sehr herzlich für die umfangreichen Auskünfte bedanken. Diese helfen mir auf diesem schwierigen Wege weiter. Auf Ihre Frage eingehend zu wollen, darf noch ergänzend ausgeführt werden, dass meine Gattin mit einem GdB 80 eingestuft wurde. Die Anträge auf Berufsschadensausgleich, Ausgleichsrente sowie Pflegezulage und Ehegattenzuschlag sind bereits gestellt und wurden des Eingangs her bestätigt. Die Entscheidungen jedoch sind nun abzuwarten. Durch die Betreuung der Stiftung Opferhilfe des Landes Niedersachsen werden oftmals Verwaltungsvorgänge beschleunigt. Nunmehr werde ich Ihre wertvollen Empehlungen aufzugreifen vermögen, danke noch einmal sehr herzlich für Ihre engagierten Mühen. Auch Ihnen weiterhin alles nur erdenklich Gute.

    Mit besten Grüßen

    Dr. Armin (...)
    für das Opfer

    Anmerkung der Redaktion: Bitte gebt im öffentlichen Forum keine persönlichen Daten, wie z.B. Realnamen, Anschrift, Telefonnummer, von Euch heraus! Wenn Ihr solche Daten austauschen wollt, könnt Ihr hierfür gern die PN-Funktion nutzen. Dies dient Eurem Schutz. Vielen Dank für Euer Verständnis!

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