Welche Einschränkungen gibt es im Alltag mit Prothesen ?

Hallo,

ich suche für ein Studienprojekt im Fach Industriedesign nach allen möglichen Einschränkungen und Problemen im alltäglichen Umgang mit Prothesen. Also zum Beispiel beim Einkaufen,Wandern, Schwimmen, Kochen und und und..

Das Projekt soll verschiedenste neue Ansätze zur Erleichterung des Alltags von Menschen mit Bewegungseinschränkung (vor Allem, aber nicht nur, mit Exoprothesen) liefern, die dann möglicherweise auch umgesetzt werden.

Natürlich kann man sich als Nicht-Betroffener das ein oder andere denken, vieles ist ja auch der Allgemeinheit hinreichend bekannt. Aber ich vermute, hier gibt es eine ganze Menge mehr Erfahrungen mit diesem Thema und ich würde mich freuen,wenn ihr diese mit mir teilen könntet.

beste Grüße
Florian

Antworten

  • florian hat geschrieben:
    Hallo,

    ich suche für ein Studienprojekt im Fach Industriedesign nach allen möglichen Einschränkungen und Problemen im alltäglichen Umgang mit Prothesen. Also zum Beispiel beim Einkaufen,Wandern, Schwimmen, Kochen und und und..

    Das Projekt soll verschiedenste neue Ansätze zur Erleichterung des Alltags von Menschen mit Bewegungseinschränkung (vor Allem, aber nicht nur, mit Exoprothesen) liefern, die dann möglicherweise auch umgesetzt werden.

    Natürlich kann man sich als Nicht-Betroffener das ein oder andere denken, vieles ist ja auch der Allgemeinheit hinreichend bekannt. Aber ich vermute, hier gibt es eine ganze Menge mehr Erfahrungen mit diesem Thema und ich würde mich freuen,wenn ihr diese mit mir teilen könntet.

    beste Grüße
    Florian


    In meiner Wahrnehmung der Projekte, die so an einen herangetragen werden, ist deren Einfluss auf den Alltag ja immer genau Null. Ich halte daher die Aussicht, dass Einkaufen, Schwimmen, Wandern, Kochen, und, und aufgrund allfällig möglicher sog. "Umsetzung" irgendwie anders, ev. sogar "besser" würden, für extrem gering. Dies auch aus sehr konkreten Erfahrungen, Gesprächen, Teilnahmen, Besuchen und sehr direkter Auseinandersetzung mit teils sehr gut etablierten Forschungsleitern und Forschern im Gebiet der Armprothetik. Für den Behindertenalltag läuft da *gar* nichts. Und zwar *nirgendwo*. Alles andere is Augenwäscherei. Insofern hat meine persönliche Auseinandersetzung mit Forschung im Bereich Prothetik auch ergeben, dass völlig falsche oder obskure Annahmen getroffen werden um dann irgendetwas zu machen, das dementsprechend sinnfrei ist. --- Unklar wäre mir, was Du z.B. an der allgemeinen Wandererfahrung denn "erleichtern" wolltest, ganz grundsätzlich verstehe ich den Projektansatz da gar nicht. Auch wie ein Industriedesigner das Schwimmen umgestalten will, halte ich für ganz grundsätzlich schwer bis gar nicht nachvollziehbar. Insgesamt keine Überraschung, da heute die gesamte akademische Forschung in diesem Gebiet auf einem ganz anderen Planeten lebt und Dinge bastelt, die absurd und abstrus sind. Ich hoffe es macht wenigstens Spass, verstehe die Fragestellung hier aber nicht wirklich.

    Eine israelische Industriedesignerin wollte von mir mal was zum Thema Armprothese, Bügeleisen und Bügeleisendesign wissen. Das war nicht schwer, denn da gabs grundsätzlich nichts dazu zu sagen. Also, Ding reinstecken, heizen lassen, bügeln, Hemd zusammenlegen, wiederholen oder Stecker ziehen und dann die Wäsche versorgen. Kein extra Drama nötig.

    Auch das Einkaufen ist nicht wahnsinnig komplex. In den Laden gehen, einkaufen, zahlen, rausgehen, nach Hause gehen. Kochen ist nicht sehr schwer, man sollte aber ein gutes Rezept haben. Kartoffeln kleinkriegen ist auch nicht wirklich ungemein schwer.

    Sicher gibt es für alles und jedes irgendwelche Hilfsmittel. Andererseits ist es eine gute Idee, Dinge ohne Hilfsmittel zu erledigen, dann kann man überall und jederzeit kochen, einkaufen, wandern, schwimmen, und und. Es gibt z.B. Tastaturen für "einhändige" Eingabe. Völlig witzlos, wenn man wie ich auf irgendwelchen Wald- und Wiesentastaturen die Dinge eintippt. Also, so Hilfsmittel gibts sicher schon, findet man ja im Internet. Aber es ist auch Geldmacherei, je weniger davon man braucht umso besser ist es sicher.

    Das heisst aber nicht, dass der Alltag und was so eingerichtet, angeboten und verkauft wird, nicht besser wird. Gar nicht. Da aber Leute mit spezifischen motorischen Einschränkungen nicht allzu stark vertreten sind, da auf dem Gebiet nicht ernsthaft geforscht wird, muss man sich als Betroffener eh anderswo anhängen. Nun führt ja sagen wir mal umstandshalber die zunehmende Alterung und Überalterung der Gesellschaft von alleine dazu, dass substantielle Menge an Kunden breitere Parkplätze, einfacher zu öffnenende Marmeladen- oder Gurkengläser und weiss der Geier was alles benötigen und auch bekommen. Denn das höhere Alter bringt automatisch motorische Einschränkungen mit sich, die allenthalben auch für Leute mit motorischen Einschränkungen in jüngeren Lebensaltern Erleichterung versprechen. Für alles andere gibt es immer noch die Möglichkeit, um Hilfe zu fragen - hat bisher immer geklappt.

    Daher denke ich, sind wir auch bei weiterhin unveränderter Situation, auch bezüglich Wander- oder Schwimmerleichterungen, auf gutem Weg. Abgesehen davon gehe ich ja nicht deswegen Wandern oder Schwimmen, weil es besonders leicht geht - sondern, im Gegenteil, um mich dort etwas anzustrengen. Aber da sind die Leute vielleicht unterschiedlich.

    Insofern ist aber schon für sehr vieles gesorgt : )
  • hallo swisswuff,

    danke für deine lange Antwort!

    Ich hatte mir heute schon so gedacht, dass ich die Frage vielleicht etwas anders hätte formulieren sollen.

    "Einkaufen, Schwimmen, Wandern, Kochen " sollte nur veranschaulichen, dass ich möglichst allgemein nach Problemfeldern im Bereich Prothetik suche. Damit soll aber nicht gemeint sein, dass es Hauptziel des Projektes ist, noch einen weiteren cleveren aber eigentlich unnötigen Gegenstand ins Leben zu rufen, der vielleicht irgendeine kleine Handlung erleichtern könnte.

    Die größte Herausforderung an diesem Projekt ist eben das Finden einer relevanten Problemstellung. Deshalb versuche ich auch (unter anderem hier) in einen Dialog mit tatsächlich Betroffenen zu kommen.
    Dass Forschungsprojekte im Bereich Prothetik oft an der Realität vorbei entwickelt werden kann ich mir gut vorstellen (das ist ja auch in der Forschung zu anderen Themen öfters der Fall). Um dies zu vermeiden schreibe ich dir auch hier, du könntest also dazu beitragen, dass sich vielleicht etwas an dem Problem der Realitätsferne ändert.
    Die Aufgabenstellung des Projekts ist wirklich sehr offen formuliert. Natürlich werden Studienprojekte erfahrungsgemäß nicht immer sofort umgesetzt. Aber es besteht die Möglichkeit, dass neue Ansätze erstmals in eine Form gebracht und auch publiziert werden, was ja schonmal ein Schritt wäre. Die Alternative wäre ja sonst nur, die Forschung in der Prothetik komplett einzustellen.

    Ich glaube daran, dass es noch wirkliche Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Nur diese zu finden, dass ist eben nicht ganz so einfach.
    Ich habe mir deine Website angesehen, du scheinst dich ja auch sehr intensiv mit den Technik/Entwicklungs-Aspekten von Prothesen auseinander zu setzen. Und da scheint es ja aus deiner Sicht auch eine Meng zu kritisieren zu geben. (Zum beispiel hast du unter "about" einiges zum momentanen Zustand der Versorgungsinfrastruktur bestehend aus Krankenkassen, Herstellern und OT's geschrieben. Ich habe mir da auch schon so meine Gedanken gemacht und würde gerne mehr dazu erfahen)



    also ich hoffe du kannst meine Intention jetzt besser nachvollziehen. Ich würde mich freuen wenn wir uns noch etwas weiter austauschen könnten.



  • florian hat geschrieben:
    hallo swisswuff,

    danke für deine lange Antwort!

    Ich hatte mir heute schon so gedacht, dass ich die Frage vielleicht etwas anders hätte formulieren sollen.

    "Einkaufen, Schwimmen, Wandern, Kochen " sollte nur veranschaulichen, dass ich möglichst allgemein nach Problemfeldern im Bereich Prothetik suche. Damit soll aber nicht gemeint sein, dass es Hauptziel des Projektes ist, noch einen weiteren cleveren aber eigentlich unnötigen Gegenstand ins Leben zu rufen, der vielleicht irgendeine kleine Handlung erleichtern könnte.

    Die größte Herausforderung an diesem Projekt ist eben das Finden einer relevanten Problemstellung. Deshalb versuche ich auch (unter anderem hier) in einen Dialog mit tatsächlich Betroffenen zu kommen.
    Dass Forschungsprojekte im Bereich Prothetik oft an der Realität vorbei entwickelt werden kann ich mir gut vorstellen (das ist ja auch in der Forschung zu anderen Themen öfters der Fall). Um dies zu vermeiden schreibe ich dir auch hier, du könntest also dazu beitragen, dass sich vielleicht etwas an dem Problem der Realitätsferne ändert.
    Die Aufgabenstellung des Projekts ist wirklich sehr offen formuliert. Natürlich werden Studienprojekte erfahrungsgemäß nicht immer sofort umgesetzt. Aber es besteht die Möglichkeit, dass neue Ansätze erstmals in eine Form gebracht und auch publiziert werden, was ja schonmal ein Schritt wäre. Die Alternative wäre ja sonst nur, die Forschung in der Prothetik komplett einzustellen.

    Ich glaube daran, dass es noch wirkliche Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Nur diese zu finden, dass ist eben nicht ganz so einfach.
    Ich habe mir deine Website angesehen, du scheinst dich ja auch sehr intensiv mit den Technik/Entwicklungs-Aspekten von Prothesen auseinander zu setzen. Und da scheint es ja aus deiner Sicht auch eine Meng zu kritisieren zu geben. (Zum beispiel hast du unter "about" einiges zum momentanen Zustand der Versorgungsinfrastruktur bestehend aus Krankenkassen, Herstellern und OT's geschrieben. Ich habe mir da auch schon so meine Gedanken gemacht und würde gerne mehr dazu erfahen)



    also ich hoffe du kannst meine Intention jetzt besser nachvollziehen. Ich würde mich freuen wenn wir uns noch etwas weiter austauschen könnten.





    ja es gibt ein paar offene probleme, aber ich bin nicht der einzige, der sich etwas drum kümmert und wir sind natürlich an gewissen themen schon dran. diese webseite ist ja nur ein teil davon, was so läuft, und eventuell stelle ich dort dinge absichtlich etwas einseitig dar - eben, es ist teil eines setups, das ich nicht deklariere.

    lösungen beitragen kannst du wohl v.a. in bereichen in denen du dich auskennst. also musst du entweder neue verfahren, techniken, ideen lernen oder dich auf deine technischen möglichkeiten beschränken.

    ist wie bei dir die person, die das projekt ausführt, ev. etwas ratlos, so kommt der projektaufsicht oder projektleitung eine vermehrte verantwortung zu. das verteilen sehr spezifischer und relevanter fragestellungen ist dann an sich bereits eine relativ grosse leistung. ich weiss das, ich leite auch arbeiten, das erarbeiten geeigneter fragestellungen - hochrelevant, für studenten aber lösbar - ist eine kunst.

    da ich als effektiver anwender, der für derartige lösungen den sehr direkten weg geht und projekte gonzo-style, also oft weder bottom up noch top down sondern puzzle style aufgleist, weder ausbildung noch zeit dafür habe, bin ich kein geeigneter projektleiter. ich suche partner für lösungen daher dort, wo der gesamtaufwand zur umsetzung (ich schrieb "umsetzung"!! - bei dir wenn überhaupt jahre weg) minimal ist.

    folgende themen fände ich für so ein studi-projekt noch interessant und die ergebnisse rasch umsetzbar:

    1) direktimport von prothesen-komponenten durch endverbraucher im ausland direkt beim hersteller
    - bestellung bei otto bock (usa)
    - bestellung bei touch bionics (schottland / gb)
    - bestellung bei regal prosthesis (hongkong)

    => wie reagieren firmen? wie ist die gesetzeslage? in der schweiz etwa ist das unterbinden oder ausbremsen von direktimporten *illegal*. eine dokumentation der hintergründe.
    => welche teile werden besonders oft als ersatzteil benötigt? welche alternativen zum prothesenteile-handel gibt es? z.b.: batterien, kabel, handschuhe? preisvergleich aufgrund online recherchen und händleranfragen?


    2) man wird mit fehlendem armteil ausgiebig und oft angeglotzt. wie muss ein t-shirt gestaltet sein, um die mittlere glotzzeit in einer öffentlichen situation MESSBAR zu reduzieren?
    - motive, symbole - z.b. smiley, totenkopf, ... etc.
    - aufdruck, ev. kurz und prägnant - z.b. "IST WAS?"

    ===> bei der umsetzung könnte man in einer öffentlichen halle die anzahl hin- und wegseher sowie die dauer des hinsehens aus videoaufnahmen auswerten, und dann verschiedene designs oder varianten testen um zu sehen ob sie sich unterscheiden.


  • hey,
    also nochmals danke,
    ich schreib dir jetzt nochmal eine PN.

    Falls noch jemandem etwas einfällt, würde ich mich über weitere Antworten sehr freuen!
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