Prozess am Arbeitsgericht verloren :-(

Guten Abend liebes Forum,

vor einigen Wochen schrieb ich hier schon mal über meine berufliche Situation und dass ich die Stadt wegen Verstoßes gegen das AGG verklagt habe. Wie die Überschrift schon sagt: Den Prozess habe ich haushoch verloren 😢
Eine kurze Zusammenfassunhg:
Ich habe eine leichte Halbseitenlähmung und eine Art Halbseitenblindheit.
In Israel habe ein, dem deutschen Sozialpädagogik ähnliches Studium gemacht, das in Deutschland nicht anerkannt ist, auf Grund dessen ich aber acht Jahre lang hier mit teilweise schwerst verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen gearbeitet habe. Nachdem immer klarer wurde, dass ich mit einem nicht anerkannten Studium niemals den Arbeitgeber wechseln könnte, entschied ich mich noch die Ausbildung zur Erzieherin zu machen. Nach der theoretischen Ausbildung muss man dann ein Anerkennungsjahr machen. Dieses wollte ich bei der Stadt absolvieren. Dort werden Erzieher auch händeringend gesucht. Doch die lehnten mich "basierend auf den Ergebnissen des amtsärztlichen Gutachtens" ab. Diese Ergebnisse sind meine Behinderung......und größtenteils falsch. Z.B. steht da, ich könne nicht über zehn Kilo tragen (ich bin mit einem 20 Kilo Rucksack durch Spanien getourt).
Mit viel Glück und Verspätung ergatterte ich noch eine andere Anerkennungsjahrstelle, wo ich bis heute ohne SAchwierigkeiten wegen meiner Behinderung arbeite. Da ich mich diskriminiert fühlte, entschied ich mich zu klagen -und verlor den Prozess letzten Mittwoch.
Die Begründung: Es liegen nicht hinreichend Beweise vor, dass die Stadt gegen das AGG verstoßen habe. Man hat mir ja nicht wegen meiner Behinderung abgesagt, sondern wegen den ergebnissen der amtsärztlichen Untersuchung und davon abgesehen könne man nicht von der Stadt erwarten, dass sie das Gutachten korrekt lese, vielleicht hätte ich ja ein viel schlimmere Beeinträchtigung, die mich daran hindern würde, den Erziehungsdienst korrekt auszuführen.
Tja.....
Ja, ich bin behindert und das geht nun mal nicht ohne Einschränkungen vor, nur schränken die mich nicht beim Erziehungsdienst ein. Und selbst wenn, ich meine,die Stadt schreibt sich auf die Fahne ach so unheimlich behindertenfreundlich zu sein, alles fake.
Das kann man doch immer sagen, sobald eine Behinderung vorliegt......der Mann im Rollstuhl, der EDV Kaufmann ist, kann nicht von ganz oben die Aktenordner runter holen, das gehört aber zum Stellenprofil, also hui, das geht dann nicht, erfüllt Profil nicht, kein Verstoß gegen das AGG.
Nun überlege ich folgende Möglichkeiten:
Berufung: Unwahrscheinlich, habe ich nicht genügend Geld und auch keine Nerven mehr.
Das Gutachten anfechten, hat mir einer der Nebenrichter geraten: Hm.......wackelige Sache, kommt drauf an, wie sehr sich derjenige mit meiner Behinderungsform auskennt und ob er daran glaubt, dass man die Einschränkungen kompensieren kann.
Presse: Deazu rät mir meine Familie und viele Freunde. Damit könnte ich vielleicht für mich am ehesten ein gefühl von Gerechtigkeit erlangen, wenn die Stadt angeprangert wird. Könnte aber auch gegen mich kippen, oder?
Gar nichts tun. Hab schon genügend Zeit und Nerven in die Sache investiert.
Was würdet ihr tun? Hat hier jemand schon Erfahrung mit der Presse gesammelt?
Würde mich sehr über Feedback freuen,
LG,
cat

Antworten

  • Liebe magiccat,

    es tut mir sehr leid, dass Du den Prozess verloren hast. Spontan würde ich sagen, dass das (aus Deiner Sicht inkorrekte) Gutachten der entscheidende Punkt ist. Aber ein Gutachten anzufechten, kann schwierig werden.

    Ich habe unseren Fachexperten gebeten, seine Einschätzung zu Deiner Situation abzugeben. Habe bitte ein wenig Geduld dafür. In der Zwischenzeit können andere User gerne ihre Erfahrungen sowie ihre Meinung schreiben.

    Alles Gute und lieben Gruß,

    Tom
    MyHandicap
  • Ich sage dir: geh an die Presse oder gleich ans Fernsehen (RTL...) !!!

    Meine Freundin wollte ein Ausbildung übers Internet machen, das ging aber nicht, da das Internet bei ihr nicht schnell genug war. Sie ging an der Presse. Und siehe da; jemand hatte das gelesen und ihr darauf Internet über Satellit finanziert. Mittlerweile ist sie im 2. Lehrjahr.

    Es lohnt sich zu kämpfen! Wir müssen der Gesellschaft zeigen, dass wir nicht das "Abstellgleis" sind!
  • Liebe Magiccat, ich kann Deinen Frust verstehen, aber hier in Deutschland kostet Recht manchmal sehr viel Geld und wenn man dieses NICHT hat oder über KEINE Rechtsschutzversicherung verfügt, sollte man es sich sehr gut überlegen ob man weiter klagen soll oder nicht.

    In Deinen Fall scheint die Anlegenheit ziemlich schlecht für Dich auszusehen, deshalb würde ich Dir abraten weiter zu klagen, es kostet NUR Dein Geld und Deine Nerven.

    Alternativ kann man aber sehr gut gegen solche "Behandlungen" vorgehen, in dem man sich an die Medien: TV, Radio, Online Medien und Printmedien wendet. Das ist kostenlos und bringt, wenn man es systematisch macht, viel mehr als eine gewonne Klage, oder geschweige verlorene Klage 😉


  • Hallo!

    Von Rechtschutzversicherungen halte ich nicht viel. Aus eigener Erfahrung kann ich durch meinen Scheidungsprozeß sagen: Die Versicherung hat nur die erste Beratung in einer Höhe bis zu 150 Euro übernommen. Die restlichen etwa 1000 Euro durfte ich netterweise in Monatsraten bei meinem Anwalt abstottern.

    Wir haben uns auch schon mal an den NDR gewandt. Es ging darum, dass meine stark gehbehinderte Tochter, inzwischen mit Rollstuhl, keinen Fahrdienst zu einem integrativen Kindergarten bekommen sollte. Grund:
    Der Kindergarten ist nicht stättisch, sondern gehört einer großen evangelischen Stiftung hier in Hamburg an. Man sagte uns, sie solle den Kindergarten wechseln, einige Strassen weiter gäbe es einen integrativen, städtischen. Das wollten wir aber aus Prinzip nicht, außerdem war es für sie schon die dritte Einrichtng aufgrund von Umzug und Trennung sowie beginnender fortschreitender Behinderung.
    Das Fernsehen drehte einen Beitrag, in dem sich, wie so oft, die zuständigen Behörden nicht vor die Kamera trauten, aber wir hatten plötzlich einen Fahrdienst für unser Kind. Inzwischen geht sie zur Schule, da ist die Genehmigung von Fahrdiensten grundsätzlich leichter.
    Also nie aufgeben und weiterkämpfen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten.

    Gruß, Katrin
  • KatrinHH hat geschrieben:Von Rechtschutzversicherungen halte ich nicht viel. Aus eigener Erfahrung kann ich durch meinen Scheidungsprozeß sagen: Die Versicherung hat nur die erste Beratung in einer Höhe bis zu 150 Euro übernommen....

    Wir haben uns auch schon mal an den NDR gewandt...
    ..aber wir hatten plötzlich einen Fahrdienst für unser Kind. Inzwischen geht sie zur Schule, da ist die Genehmigung von Fahrdiensten grundsätzlich leichter.
    Also nie aufgeben und weiterkämpfen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten.

    Hallo Katrin,
    glückwunsch zu diesem erfolg! 😉

    zu rechtschutzversicherungen: bei familienangelenheiten zahlt grundsätzlich nach meiner info keine.


  • Liebe magiccat,

    Das was die andern sagen mit Gegengutachten bzw. Anfechtung oder auch Presse ist gut. Es gibt da auch noch "Bild kämpft für Sie!"
    Vielleicht haben Beratungsdienste oder Verbände für Behinderte in Deiner Heimatregion auch noch Möglichkeiten.

    LG

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